„Deliver Us Mars“: eine abenteuerliche Reise in den Weltraum
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Das Spiel „Deliver Us Mars“ erschien im Februar 2023 für PC, Playstation und Xbox.
© Quelle: Frontier Developments
Wir haben den Mars längst erreicht. Eine ganze Reihe von Missionen haben wir hingeschickt, mehrere Roboter sind auf dem Planeten munter herumgefahren. Aber wie sähe es aus, wenn Menschen auf dem Mars landeten? Schon die Reise ist riskant – aber was passiert, wenn wir erst einmal da sind?
Je ernster die Frage gestellt wird, desto größer und komplizierter wird sie. „Deliver Us Mars“ ist ein Science-Fiction-Spiel, nimmt es mit den technischen Fragen aber nicht so genau. Welche Technologien es in dieser nahen Zukunft gibt und welche nicht, leuchtet nicht ganz ein. Umso besser ist die Antwort auf die menschlichen Fragen. Sie ist aufregend und traurig.
Vom Mond zum Mars
Das war nicht unbedingt abzusehen. „Deliver Us Mars“ kostet 30 Euro, ist frisch für PC, Playstation und Xbox erschienen und ab 16 Jahren freigegeben. Es ist die Fortsetzung eines kleinen Indiespiels, entwickelt von einem kleinen Studio. In „Deliver Us the Moon“ erkundeten wir als geheimnisvoller, stummer Weltraummensch eine verlassene Mondkolonie und kamen dabei ihrem tragischen, aber nicht besonders einleuchtenden Schicksal auf die Spur.
Mit der Fortsetzung greift das kleine niederländische Studio Keoken Interactive nach den Sternen. Die Geschichte beginnt auf einer ökologisch kaputten Erde und reist zu einer unerhörten Marskolonie. Diesmal werden die Helme abgenommen. Menschen streiten und diskutieren in zahlreichen Zwischensequenzen. Die Heldin der Geschichte heißt Kathy; sie und die anderen Charaktere sind direkt mit den Ereignissen des ersten Spiels verbunden. Es kann sich also lohnen, den ersten Teil zuerst zu spielen. Nötig ist das aber nicht, um diese Geschichte zu verstehen und zu genießen.
„Deliver Us Mars“ soll in jeder Beziehung größer sein als der Vorgänger. Es ist mehr als doppelt so lang, es ist abwechslungsreicher und es setzt auf neue Spielinhalte. Im ersten Teil wurde vor allem erkundet, oft unter Zeitdruck oder möglichst heimlich. Der Zeitdruck wurde in diesem Spiel entschärft, aber dafür bekommt Kathy andere Aufgaben. Sie muss auf dem Mars sehr viel klettern und eine ganze Reihe von Rätseln lösen.
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„Deliver Us Mars“ ist eine Fortsetzung zum Spiel „Deliver Us the Moon“.
© Quelle: Frontier Developments
Lara Croft im Weltraum
Immer hat sie dabei ein klar definiertes Ziel, auf das sie sich zubewegt. „Deliver Us Mars“ ist kein offenes Spiel über die Erkundung eines Planeten, sondern ein lineares Abenteuer. Mit seinem Griff zu einer starken Heldin, die gerne klettert und abwegige Rätsel löst, erinnert es an Tomb Raider.
Doch die Stimmung ist ganz anders. Kathy mag nicht kämpfen. Die Geschichte dreht sich immer wieder um wenige Menschen. Ruhig, angespannt und melancholisch ist die Reise von der Erde zum Mars. Sie ist immer auch eine Spurensuche. Der Marsch durch Schiffe, Shuttles, Raumstationen und Ruinen ist gut ausgedacht und abwechslungsreich. Viele Schauplätze des Spiels wirken originell und stimmungsvoll.
Leider ist die Welt von „Deliver Us Mars“ zwar sehr ernst gemeint, aber oft auch etwas unglaubwürdig. Wer sich in Science-Fiction-Filmen über Logikfehler aufregt, der wird auch hier verzweifeln. Das Szenario spielt nur ein paar Jahrzehnte in der Zukunft, aber es gibt aberwitzige Riesenraumschiffe, weltrettende Wundermaschinen, Energie wird durch den Äther gestrahlt und Menschen gehen in den Kälteschlaf. So wird das realistisch gemeinte Szenario untergraben.
Die Zukunft wird ruckelig
Auch die massiven technischen Probleme schaden der Stimmung. Unsere getestete Xbox-Series-S-Version ruckelt, Texturen laden zu spät nach, gelegentlich zucken Objekte merkwürdig hin und her, Lichter leuchten und spiegeln an unpassenden Stellen. Wirklich beeindruckend und schön sind die Ausblicke auf der Reise: aus der Raumkapsel auf Planeten, am Rand eines Kraters auf die winzige Station weiter unten. Durch das Spiel mit Maßstäben fühlt sich das Abenteuer größer an. Aber aus der Nähe, gerade auch bei der Darstellung von Menschen, wirkt „Deliver Us Mars“ einfach nicht ganz ausgereift.
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Die Grafik des Spiels ist nicht immer ganz ausgereift.
© Quelle: Frontier Developments
Die klaren Mängel schaden dem Spiel. Wie schwer sie wiegen, ist Ansichtssache. Überraschend gut hat uns das Erkunden und methodische Klettern in der Welt gefallen. Kathys fliegender Roboter hilft bei der Lösung einfacher Rätsel; er ist aber auch als Fährtensucher Gold wert, bevor die Astronautin sich verklettert. Die Rätsel sind nicht unbedingt schlecht, aber sie werden zäh. Immer wieder muss Kathy Energiestrahlen leiten, bremsen und umverteilen, um Türen zu öffnen. Das funktioniert durchaus, ist nie zu schwer und gibt dem Fortschritt eine gewisse Struktur. Aber es ist umständlich zu steuern, wird mit der Zeit langweilig und ergibt keinen Sinn.
Der Mensch macht’s
„Deliver Us Mars“ hält sich nie zu lange an einem Ort auf. Die Abwechslung hilft dabei, dass wir uns nicht zu lange über einzelne Schwächen ärgern. Dass wir bis zum Ende gespannt dabeibleiben, liegt vor allem an der Geschichte. Im Kern geht es um Kathy und eine Handvoll Menschen, die eng mit ihr verbunden sind. Nach und nach zeigen die Charaktere ihre Motivationen, sie verändern sich, wachsen und reagieren alle sehr persönlich auf die dramatischen Wendungen der Story. An diesem Einmaleins des guten Erzählens scheitern immer noch sehr viele Videospiele. Wie eine menschliche und berührende Geschichte funktioniert, das könnte sich zur Abwechslung die „Tomb Raider“-Serie von diesem Titel abschauen.
Bemerkenswert ist dabei vor allem das Schauspiel. Vor allem in der englischen Sprachversion sind die Dialoge knackig geschrieben und lebendig vorgetragen. Und die Geschichte funktioniert einfach. Sie würde uns in jedem Medium überzeugen. „Deliver Us Mars“ ist damit kein Pflichtspiel für Fans großer Weltraumopern oder zeitgemäßer Action-Adventures geworden. Aber wer sich für menschliche Sci-Fi im Stil von „Moon“ oder „The Martian“ begeistert, der wird auch hier abgeholt.