Mit Spikes auf schwedischem Eis: Wie sich Skodas neue Allradmodelle im Wintertest schlagen
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Skodas Allradproduktpalette auf dem zugefrorenen See Stortjärnen in der schwedischen Provinz Jämtland.
© Quelle: Skoda
Skoda ist ein Global Player. In insgesamt sechs Ländern, darunter China und Indien, werden Modelle des tschechischen Herstellers, der eine tragende Rolle innerhalb des VW-Konzerns spielt, hergestellt. Unabhängig vom jeweiligen Antrieb (Strom oder Verbrenner) spielt Allrad eine immer wichtigere Rolle. Jetzt luden die Tschechen zu einem winterlichen Leistungstest nach Nordschweden ein, um ihre insgesamt sechs Allradmodelle zu testen.
Bei minus 15,5 Grad sowie Schnee und Eis ist nicht nur Allradantrieb essenziell, auch das Thema Wärme spielt eine nicht unwichtige Rolle. Das gilt für Menschen und Motoren gleichermaßen. Deshalb wurden die Fahrzeuge auch stets in Bewegung gehalten auf den unterschiedlichen Teststrecken. Vom neuen Elektro-Coupé Enyaq iV über den Kompakt-SUV Karoq und den klassischen Kombi Octavia wurde die Allradproduktpalette on the rocks getestet.
Mit Spikes und dem Enyaq RS iV unterwegs auf dem zugefrorenen See Stortjärnen in der schwedischen Provinz Jämtland.
© Quelle: Skoda
Vier Verbrenner und zwei Elektrofahrzeuge standen auf dem zugefrorenen See Stortjärnen nahe Östersund in der nordschwedischen Provinz Jämtland zum Wintertest bereit: der Familienkombi Octavia, das Klein-SUV Karoq, das SUV Kodiaq, die Limousine Superb sowie die neuen E-Crossover Enyaq iV und Enyaq Coupé iV – alle mit unterschiedlicher Motorisierung.
Für die Tests hatten sich die Skoda-Expertinnen und -Experten so manche Gemeinheit ausgedacht – etwa die „schwedische Gitarre“, einen wilden Serpentinenkurs – mal über blankes Eis, mal über Wasserpfützen, die auf dem 55 Zentimeter dicken Eis durch Temperaturschwankungen schon mal auftreten können. Zwei weitere Rundkurse und zwei Slalomstrecken rundeten das Testangebot ab, das unter dem Motto „Don’t try this at home“ stand. Alle Fahrzeuge waren mit speziellen Spikes ausgerüstet, die das Fahren auf normalen Straßen (in Schweden wird nicht gestreut, sondern nur geräumt) zum völlig rutschfreien Genuss machten.
Auf dem teils blanken Eis der Teststrecken jedoch geraten auch spikebewehrte Fahrzeuge ins Schleudern. Die elektrischen Enyaq-Modelle steuern den Allradantrieb elektronisch ohne eine physische Verbindung zwischen den Achsen. Das geschieht schneller, als es ein Mensch wahrnehmen kann und führt auch auf rutschigem Terrain zu jener unmittelbaren Wucht, die E-Fahrzeuge beim Beschleunigen an sich haben. Allerdings fangen die verschiedenen Stabilisierungssysteme Rutschen und Gleiten perfekt auf – bis zu einem gewissen Punkt. Und das ist wortwörtlich zu nehmen. Bricht der Wagen zu steil aus der Spur, werden die Gurtstraffer angezogen und der Warnblinker geht an. Gerät das Auto völlig außer Kontrolle, dann landet es schon mal in einer Schneewehe – die Höchststrafe für Autotester; uns ist es zum Glück nicht passiert. Das Straffen ist sozusagen die Strafe für handwerklich unsauberes Fahren oder Übersteuern, Driften lässt sich trotzdem bestens auf dem Eis, trotz Spikes.
Karoq überzeugt am meisten
Bei den klassischen Verbrennern hingegen gibt es per komplexem Kupplungssystem einen physischen Kontakt zwischen den Achsen. Allerdings geschieht auch diese Abstimmung in Millisekundenbruchteilen jenseits der Wahrnehmungsgrenze. Die leichte Verzögerung bei der Kraftübertragung macht jedoch die Wintertests mit den fossilen Verbrennern etwas handwerklicher. Allerdings bügeln auch hier etliche Stabilisierungssysteme menschliche Schwächen aus. Freude machte der Wintertest mit allen Skodas. Für den winterlichen Einsatz in heimischen Gefilden sind alle Modelle zu empfehlen. Den meisten Spaß aber brachte ausgerechnet der kompakte Karoq, dessen kurzer Radstand den Wagen am unmittelbarsten auf die Unwägbarkeiten reagieren ließ.
Skoda
Das tschechische Unternehmen Skoda Auto ist einer der ältesten Fahrzeughersteller weltweit. Das Unternehmen in Mlada Boleslav wurde 1895 als Fahrradhersteller Laurin & Klement von Václav Laurin und Václav Klement gegründet. 1905 kam das erste Automobil auf den Markt. Nach dem Einmarsch der Nazis wurde das Unternehmen an die Reichswerke Hermann Göring angeschlossen. Im Kontext der Befreiung wurde Skoda Staatsunternehmen. 1990 privatisiert, folgte die Übernahme durch Volkswagen. Schon während des Warschauer Paktes war Skoda äußerst erfolgreich im Motorsport.
Was die Fahrzeuge wirklich draufhaben, zeigten dann Skodas professionelle Werksfahrer. Sie chauffierten uns in doppelter Geschwindigkeit über den eisigen See, als wir gerade noch dachten, wir seien schon schnell gewesen.
Für Skoda ist Allrad nicht nur ein zeitgeistkonformes Gadget, sondern ein wichtiger Teil der Weltautostrategie. 87,6 Prozent beträgt der Anteil der Skoda-Kundinnen und -Kunden, die sich für ein Allradmodell entscheiden – in Island zumindest. Nach Volumen lag Deutschland 2022 mit 26.351 verkauften Skoda-Allradfahrzeugen vorn.
CEO zur Parallelstrategie für Verbrenner und E-Fahrzeuge
Hinter den Zahlen verbirgt sich eine Parallelstrategie, die aufgrund der Unterschiedlichkeit der Märkte sowohl die elektrischen 4x4-Antriebe wie auch die Verbrennervarianten weiterentwickeln muss. Das ist für Klaus Zellmer, seit Juli 2022 CEO von Skoda und Nachfolger des neuen VW-Markenchefs Thomas Schäfer, die eigentliche Herausforderung: Die Fossilantriebe so lange weiter zu verfolgen, wie es die jeweiligen nationalen Regelungen erlauben und vorschreiben und gleichzeitig technologisch nach vorn zu gucken. „Wir müssen halt immer beides entwickeln und hinstellen“, sagt Zellmer im Gespräch mit dem RND.
Eine Besonderheit und ein gutes Beispiel für die Herausforderungen einer globalen Strategie ist der indische Markt. „Die Regierung ist extrem ambitioniert unterwegs, die Weichen auf Wachstum, auf Wohlstand und Ähnliches zu stellen“, erklärt Zellmer. Allerdings war die Lernkurve auf dem Subkontinent für Skoda recht steil, wie Zellmer schildert. „Das große Thema in Indien war nie, dort Autos zu verkaufen – die Herausforderung ist, damit Geld zu verdienen. Wir sind dort mit zwei Fahrzeugen vertreten, die in Indien für Indien entwickelt wurden und dort produziert werden und deswegen auch sehr erfolgreich unterwegs sind – dem Kushaq und dem Slavia. Aber wir haben über Jahre hinweg versucht, unsere Maßstäbe in einem Land anzulegen, wo sie der Kunde wahrscheinlich nicht bezahlt.“ Schließlich, so Zellmer, müsse der Köder dem Fisch schmecken und nicht dem Angler.
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Stand bei Schnee und Eis Rede und Antwort: Skoda-CEO Klaus Zellmer.
© Quelle: Skoda
Dass Allrad auch in Indien gefragt ist, in einem Land, das von der Klimakrise einerseits heimgesucht wird und andererseits in Sachen Infrastruktur bei Straßen noch aufzuholen hat, sei das eine. Doch der Markt in Indien, so Zellmer, verändere sich rasant. Eine wachsende Mittelschicht entwickle auch beim Automobil neue Bedürfnisse. „Und so wird auch in Indien die Diskussion geführt, wie die Transformation in batterieelektrische Fahrzeuge aussehen wird. Deshalb müssen wir jetzt schon berücksichtigen, wie wir zukünftig den Markt bedienen wollen, um dort auch batterieelektrisch unterwegs sein zu können.“
Kostenoptimierung für Allradoffensive
Bei der dualen Planung mit fossilen Antrieben und Elektromotor hilft der „Modulare Querbaukasten“ (MQB) des Volkswagen-Konzerns, die heute am weitesten verbreitete Technologieplattform bei VW. Sie wird für ein Modellspektrum genutzt, das vom kleinen Polo bis hin zum großen US-SUV Atlas reicht. Zudem ist der MQB in der Lage, alle konventionellen Modelle auch mit elektrifiziertem Antrieb darzustellen. Zusammen mit der rein elektrischen Plattform MEB, auf der etwa der ID. Buzz, ID.4 und Skoda Enyaq produziert werden, hat man bei Skoda zumindest die Kosten für die Allradoffensive optimiert.
„Da hat uns die MQB-Plattform natürlich sehr geholfen, denn aus Entwicklungssicht sind die Mehrkosten für Allrad verschmerzt und verdaut. Wenn wir mit unserer Produktfamilie erfolgreich sein wollen, müssen wir Allrad anbieten. Das machen wir auch – zu vernünftigen, skalierten Kosten.“ Apropos Kosten: VW-Chef Schäfer hatte ja unlängst gesagt, man müsse auch ein Elektroauto unter 20.000 Euro im Angebot haben, sonst verdiene man den Namen Volkswagen nicht mehr. Ist Skoda da mit im Boot? Klaus Zellmer will sich da nicht so genau in die Karten schauen lassen.
„Natürlich ist auch Skoda aufgerufen, da ein Konzept vorzulegen. Aber was auch klar ist: Die Ansprüche an unsere Technik, unsere Innovation, die Kundenansprüche an Reichweite, an Ladegeschwindigkeit, die machen es aktuell extrem schwer in dem Preissegment, wie zum Beispiel heute im Fabia als Pendant ein batterieelektrisches Fahrzeug zu bringen.“
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Die Kälte von rund minus 15 Grad Celsius war besonders für die Elektromodelle eine Herausforderung, lehrt sich doch die Batterieladung wesentlich schneller als bei Normaltemperaturen.
© Quelle: Skoda
Was den Fabia angeht: Der Kleinwagen war übrigens auch auf dem Eis in der Nähe der schwedischen Stadt Östersund – sogar mit Allrad: als Sportvariante Fabia RS Rally2. Der Kleine ist weltweit im Rallyesport einer der Größten. Das Vorgängermodell Fabia Rally2 gewann insgesamt zwölf Weltmeistertitel. Das neue Modell, das die Rallyeweltmeister Emil Lindholm und Andreas Mikkelsen vorstellten, das lässt sich übrigens ganz nachhaltig mit Biosprit betanken.