Festakt in Erlensee

Verein „Selbsthilfe Körperbehinderter“: 50 Jahre im Einsatz für ein barrierefreies Leben im Kreis

Der Vorstand der Selbsthilfe Körperbehinderter Main-Kinzig um Chef Uwe Schneider (vorne, 2. von rechts) durfte sich zum 50. Gründungstag über viele lobende Worte für die ehrenamtliche Arbeit freuen.

Der Vorstand der Selbsthilfe Körperbehinderter Main-Kinzig um Chef Uwe Schneider (vorne, 2. von rechts) durfte sich zum 50. Gründungstag über viele lobende Worte für die ehrenamtliche Arbeit freuen.

Main-Kinzig-Kreis. Behinderten Menschen ein selbst bestimmtes und barrierefreies Leben ermöglichen – diesem wichtigen Ziel hat sich der Verein Selbsthilfe Körperbehinderter Main-Kinzig mit viel Herzblut verschrieben. Daran hat sich in den vergangenen 50 Jahren trotz beachtlicher Erfolge, die Teilhabe der Betroffenen an der Gesellschaft zu verbessern, nichts geändert.

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Am 11. April 1973 gründete sich der Verein unter dem damaligen Namen „Selbsthilfe Körperbehinderter Hanau/Gelnhausen“. Aus diesem Anlass feierte der Vorstand mit geladenen Gästen aus Politik und von Kooperationspartnern jüngst runden Geburtstag in der Erlenhalle in Erlensee. Gemeinsam blickten alle auf eine Erfolgsgeschichte zurück, die längst den gesamten Kreis und darüber hinaus erfasst hat.

Geburtsstunde im Jahr 1973 in der Georg-Büchner-Schule

Uwe Schneider, Vorsitzender der Selbsthilfe Körperbehinderter (SHK) Main-Kinzig, begrüßte die Besucher des Empfangs, darunter die Staatssekretärin Anne Janz aus dem Hessischen Sozialministerium und die beiden Schirmherren Stefan Erb, Bürgermeister der Stadt Erlensee, und Landrat Thorsten Stolz. Schneider erinnerte zunächst an die Geburtsstunde des Vereins vor 50 Jahren in der nahen Georg-Büchner-Schule. Die damalige Namensgebung mit dem Zusatz Hanau/Gelnhausen war dem Umstand geschuldet, dass die meisten Mitglieder – vor der Zeit des heutigen Main-Kinzig-Kreises – aus den Altkreisen Hanau und Gelnhausen stammten.

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In nur fünf Minuten umriss Schneider für die Zuhörer die wichtigsten Etappen der bisherigen Vereinsgeschichte, darunter als großer Meilenstein der Bezug des integrativen Wohnparks (21 Wohneinheiten) mit neuen Büros im Jahr 1995. In zwei weiteren Bauabschnitten in den Jahren 2010 und 2020 sind nochmals 64 weitere Wohnungen hinzugekommen.

„Eigentlich kann es nicht die Aufgabe unseres Vereins sein, barrierefreien und bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen, doch die Nachfrage war so groß“, merkte der Vorsitzende an. Unter einem Dach leben im Wohnpark behinderte Menschen, junge Familien und Senioren unter einem Dach. „Wir wollten alles, nur eins nicht: ein Ghetto“, betonte Schneider.

200 Kinder mit Behinderungen werden in allen Schulformen begleitet

Heute werden vor Ort unter anderem auch befristete Wohnmöglichkeiten für Personen nach einer schweren Erkrankung oder Unfall angeboten, wenn sie nicht in ihre eigene Wohnung nach der Entlassung aus der Klinik zurückkehren können. Die vor 22 Jahren gegründete SHK Service GmbH begleitet heute mehr als 200 Kinder mit Behinderungen in allen Schulformen, damit durch eine Integrationshilfe in Regelschulen inklusiv und selbst bestimmt lernen können.

Bürgermeister Stefan Erb lobte das Engagement des Vereins mit Sitz in Erlensee.

Bürgermeister Stefan Erb lobte das Engagement des Vereins mit Sitz in Erlensee.

Mittlerweile ist die Selbsthilfe Körperbehinderter im gesamten Main-Kinzig-Kreis tätig; sie unterhält eine Zweigstelle in Bad Soden-Salmünster sowie Büros für unabhängige Teilhabeberatung in Hanau, Gelnhausen und Schlüchtern. „Aufgrund unserer eigenen Betroffenheit und Erfahrung gewährleisten wir, dass Menschen, die sich an uns wenden, bestärkt werden, Eigenverantwortung für eine individuelle und ihren Wünschen entsprechende persönliche Lebensplanung zu ergreifen“, erklärte Schneider. Er dankte den anwesenden Verantwortlichen vom Kreis und von der Stadt Erlensee für die Unterstützung der Arbeit des Vereins.

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Erb: Teilhabe für behinderte Menschen im Alltag ermöglicht

„50 Jahre Erfolgsgeschichte sind geschrieben, aber von nachlassen kann keine Rede sein“, würdigte Bürgermeister Stefan Erb das außerordentliche Engagement des in Erlensee ansässigen Vereins. Was diesen bewege, seien nicht die unzähligen Steine, aus denen die Wohnparks bestehen, sondern es gehe um die Teilhabe von behinderten Menschen am Alltag, damit Integration und Inklusion keine Worthülsen blieben. „Der Verein hat auch Herzen bewegt“, erinnerte Erb beispielhaft an die Leistungen des Ehrenvorsitzenden Heinz Preis, der 2015 verstorben ist.

Landrat Thorsten Stolz überbrachte die Glückwünsche des Main-Kinzig-Kreises und dankte im Beisein von Alt-Landrat Karly Eyerkaufer für die gute und verlässliche Zusammenarbeit. „Sie haben den behinderten Menschen eine Stimme gegeben und ein Bewusstsein in der Gesellschaft geschaffen“, sagte Stolz.

Stolz: Wärmendes Licht für andere Menschen gegeben

Er hob auch die praxisnahe Projektarbeit des Vereins und seine Rolle als Mutmacher in den 50 Jahren hervor. „Sie geben mit ihrer Arbeit wärmendes Licht für andere Menschen“, nutzte der Landrat ein chinesisches Sprichwort, um zu beschreiben, wie Betroffenen Perspektiven auf ein selbst bestimmtes Leben eröffnet werden. Dieser Einsatz verdiene Respekt, die Verantwortlichen könnten zum Jubiläum voller Stolz zurückblicken. „Es hat sich unheimlich viel getan“, resümierte Stolz. Die SHK Main-Kinzig habe ihren Beitrag zu den Veränderungen in Deutschland beigetragen.

Staatssekretärin Anne Janz richtete die Grüße des hessischen Sozialministers Kai Klose zum 50-jährigen Bestehen aus. Ebenso wie sie selbst, die einst ihre berufliche Karriere in einer großen Einrichtung für behinderte Menschen in Niedersachsen begonnen hat, sei die Selbsthilfe angetreten, um ein Stück mehr Gerechtigkeit zu schaffen, vor allem das Recht auf eigenständiges Wohnen und eine eigene Arbeit für behinderte Menschen zu ermöglichen.

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Staatsekretärin Janz lobt Ansatz, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben

Janz lobte den Ansatz des Vereins, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, um die Eigenständigkeit der Behinderten zu bewahren und bedarfsorientiert vorzugehen. Das Land Hessen stelle sich seiner Verantwortung ebenfalls, indem es etwa Kommunen und Verbände bei der Barrierefreiheit berate und ein Register für barrierefreie Wohnungen im Bundesland erstelle.

In ihren gemeinsamen Grußworten zollten Bundestagsabgeordneter Lennard Oehl und die Landtagsabgeordneten Christoph Degen (beide SPD) und Heiko Kasseckert (CDU) dem Jubiläumsverein ihre Anerkennung. „Für praktische Inklusion und wie sie gelebt wird, da sind Sie ein hervorragendes Beispiel“, richtete sich Oehl stellvertretend an Schneider.

Kasseckert erinnerte an die Anfänge des Vereins, als in den 70er-Jahren ein anderer Umgang mit behinderten Menschen geherrscht habe. Das Engagement des Vereins habe einen Beitrag geleistet auf dem Weg zur Normalität. „Es ist normal, verschieden zu sein“, fügte Degen hinzu. Ob Rampen oder Assistenz, es gebe leichte Wege, Behinderten im Alltag zu helfen.

„Von der Krüppelbewegung zur Inklusion als Menschenrecht“

Die lobenden Worte rahmte ein Vortrag von Dr. Martin Theben (Berlin) ein, der über das Thema „Von der Krüppelbewegung zur Inklusion als Menschenrecht“ zum Uno-Jahr der Behinderten 1981 sprach. Auf eine weitere Zeitreise ging Matthias März, seit 1996 stellvertretender Chef der SHK, als er seit seiner Zivi-Zeit von Mai 1982 bis August 1983 die Entwicklung des Vereins nachzeichnete. Den Festakt, moderiert von Michael Becker, eröffnet hatte die Chorgemeinschaft Erlensee mit einigen Stücken, zwischendurch gefiel Lothar Kempf mit seinem Lied „Der einfache Frieden“ zum Gitarrenspiel.

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In seinem Schlusswort nannte Vorsitzender Uwe Schneider als eine Vision des Vorstandes für die Zukunft, alternative Wohnformen für Menschen mit Behinderungen anzubieten. Die Hauptaufgabe sehe er aber im Abbau der Barrieren in den Köpfen der Menschen. „Denn nicht behindert zu sein ist eine Gabe, die jedem jederzeit genommen werden kann.“

GNZ

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