Missbrauchsbericht: Schwere Vorwürfe gegen Alt-Erzbischof Zollitsch – 250 Priester beschuldigt
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/L5FLXS7JIBDELECCSKXG3OJEEQ.jpeg)
Er war einer der hohen Würdenträger der katholischen Kirche. Nun werden im Freiburger Missbrauchsbericht massive Vorwürfe gegen Alt-Erzbischof Zollitsch erhoben.
© Quelle: Patrick Seeger/dpa
Freiburg. Juristische Gutachter haben den früheren Freiburger Erzbischöfen Robert Zollitsch und Oskar Saier „massive Vertuschung“ und „Ignoranz geltenden Kirchenrechts“ beim Umgang mit sexualisierter Gewalt vorgeworfen. Besonders erschreckend sei, dass das Leid der betroffenen Kinder und Jugendlichen und der Angehörigen keine Rolle gespielt habe, sagte der Jurist Eugen Endress bei der Vorstellung des Missbrauchsberichts für die Erzdiözese Freiburg am Dienstag in Freiburg. In ihren Amtszeiten seien keinerlei Aufklärungsbemühungen erkennbar gewesen. Vielmehr sei es nur um den Schutz der Kirche und der Priester gegangen. Endress nannte als Beispiel, dass ein Zölibatsverstoß eines Geistlichen bestraft wurde, während Missbrauch von Kindern und Jugendlichen kirchenrechtlich nicht geahndet worden sei. „Wir waren sprachlos.“
Missbrauchsfälle wurden „schlichtweg ignoriert“
Der Bericht habe ein „Versagen kirchlicher Strukturen“ aufgedeckt, sagte der Freiburger Erzbischof Stephan Burger, der auch stellvertretender Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz ist. Das Kirchenrecht sehe ein Eingreifen und Melden von Fällen vor. Dass dies seine beiden Vorgänger wider besseres Wissen „schlichtweg ignoriert“ hätten, mache ihn fassungslos.
Ob dies auch kirchenrechtliche Konsequenzen für den noch lebenden Alt-Erzbischof Robert Zollitsch hat, werde der Vatikan entscheiden. Entsprechende Maßnahmen seien eingeleitet worden, sagte Burger.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/EZHJQQG67RD4LOGG3ATC7MQUTQ.jpg)
Hauptstadt-Radar
Persönliche Eindrücke und Hintergründe aus dem Berliner Regierungsviertel. Immer dienstags, donnerstags und samstags.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
Zollitsch äußert sich zunächst nicht zu dem Bericht
Zollitsch, der auch Vorsitzender der katholischen Deutschen Bischofskonferenz war, hatte bereits in einem Video schwerwiegende Fehler und persönliche Schuld eingeräumt. „Er lag mit dieser Selbsteinschätzung richtig“, sagte der pensionierte Richter Endress mit Blick auf die Äußerungen. Vor der Pressekonferenz kündigte Zollitsch über einen Sprecher an, sich nicht zu dem Abschlussbericht äußern zu wollen.
Der Vorgänger des amtierenden Erzbischofs Stephan Burger führte das Erzbistum Freiburg von 2003 bis 2013. Von Februar 2008 bis März 2014 war er Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Von 1983 an war Zollitsch zwei Jahrzehnte lang Personalreferent im Erzbischöflichen Ordinariat gewesen. Mit rund 1,8 Millionen Katholiken gehört das Erzbistum zu den größten der 27 Diözesen in Deutschland.
Der Freiburger Report wurde von einer unabhängigen Arbeitsgruppe vorgestellt. Die sogenannte AG Aktenanalyse mit vier externen Fachleuten aus Justiz und Kriminalpolizei arbeitet seit 2019. Der Bericht soll aufzeigen, wie Vertuschung und Missbrauch in dem Erzbistum möglich waren. Es werden dafür 24 Missbrauchsfälle beispielhaft dargestellt.
Ähnliche Studien gab es auch schon in anderen Bistümern, etwa in Köln und München. In Rottenburg-Stuttgart berief Bischof Gebhard Fürst im Unterschied zu anderen Diözesen schon vor gut 20 Jahren eine unabhängige „Kommission sexueller Missbrauch“ ein.
Rund 540 Kinder und Jugendliche haben dem Bericht zufolge im Erzbistum Freiburg sexuelle Gewalt durch Priester und Ordensleute erfahren. Der Bericht liste über 250 beschuldigte Priester und 33 weitere Beschuldigte wie etwa Diakone auf, sagte der Vorsitzende der Kommission, Magnus Striet, zu dem rund 600-seitigen Bericht. Darin werden Strukturen im Erzbistum Freiburg offengelegt, die sexualisierte Gewalt und deren Vertuschung begünstigt haben.
RND/dpa/epd