Missbrauchsbetroffenen-Vertreter vergleicht die katholische Kirche mit der Mafia
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Matthias Katsch, Aktivist für die Opfer sexuellen Missbrauchs durch Angehörige der katholischen Kirche, gibt vor dem Haus der bayerischen Wirtschaft ein Statement vor der Presse ab.
© Quelle: Matthias Balk/dpa
Der Sprecher der Betroffeneninitiative „Eckiger Tisch“, Matthias Katsch, hat nach Veröffentlichung der neuen Missbrauchsstudie aus dem Erzbistum Freiburg schwere Vorwürfe gegen den ehemaligen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, geäußert. In einem Gastbeitrag des Magazins „Spiegel“ vergleicht Katsch das Vorgehen der Kirche gar mit der organisierten Kriminalität der Mafia.
Der Bericht über die jüngste Missbrauchsstudie warf den früheren Freiburger Erzbischöfen Zollitsch und seinem Amtsvorgänger Oskar Saier „massive Vertuschung“ und „Ignoranz geltenden Kirchenrechts“ beim Umgang mit sexualisierter Gewalt vor. Es sei das Versagen kirchlicher Strukturen aufgedeckt worden: Akten sollen versteckt oder vernichtet worden sein und Meldungen über Missbrauchsfälle, wie vom Kirchenrecht vorgeschrieben, nicht gemeldet worden sein. Das Leid der betroffenen Kinder und Jugendlichen und der Angehörigen habe keine Rolle gespielt, so die Autoren des Berichtes.
Kritik an katholischer Kirche: „Sie wussten genau, was sie taten“
Katsch bezeichnet es im „Spiegel“-Beitrag als eine „atemberaubende Unverfrorenheit“, wie „der Erzbischof Zollitsch die Öffentlichkeit und Politik hinters Licht geführt hat“. „Seit 13 Jahren haben die Bischöfe weitestgehend verhindert, dass die Verbrechen der Täter und das zweite Verbrechen, das der Vertuschung, von staatlicher Seite untersucht und aufgeklärt werden. Und sie wussten offenbar genau, was sie taten.“
Katsch erinnert in seinem Beitrag an das Jahr 2010, als die damalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger einen Vermittlungsprozess zwischen Betroffenen und Täterorganisation starten wollte und die Kirche zur Aufklärung von Missbrauchsfällen aufforderte. „Die verlogene Reaktion des damaligen Vorsitzenden der Bischofskonferenz Zollitsch verhinderte dies“, so Katsch.
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Mafiaähnliche Strukturen in der katholischen Kirche
Das Vorgehen der Kirche vergleicht Katsch mit der Mafia. Zwar gebe es überall sexuelle Gewalt, doch nur in der katholischen Kirche „wird mit offensichtlich hoher krimineller Energie und Raffinesse, teilweise über Grenzen hinweg durch eine mächtige Institution systematisch Täterschutz betrieben und die Justiz offenbar bewusst getäuscht“.
Wir brauchen jetzt eine Wahrheitskommission, die den katholischen Missbrauchsskandal aufklärt!
Matthias Katsch
Der Missbrauchsbetroffenen-Vertreter fordert, dass der Deutsche Bundestag eine Untersuchungskommission einsetzt, die den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche aufklärt. Die Archive sämtlicher deutscher Diözesen sollen durchsucht und Unterlagen ausgewertet werden. „Um der Gerechtigkeit für die Opfer willen, aber auch damit sich nachhaltig etwas ändert, muss dieser Verbrechenskomplex aufgeklärt werden“, so Katsch.
RND/vkoe mit dpa