Demokraten ohne Alternativen

Mach’s noch einmal, Joe! Biden vor erneuter Präsidentschafts­kandidatur

Er ist 80 Jahre alt, doch ans Aufhören denkt Joe Biden nicht. Bei der nächsten Wahl 2024 will der US-Präsident (hier diese Woche bei einer Veranstaltung in Maryland) noch einmal antreten.

Er ist 80 Jahre alt, doch ans Aufhören denkt Joe Biden nicht. Bei der nächsten Wahl 2024 will der US-Präsident (hier diese Woche bei einer Veranstaltung in Maryland) noch einmal antreten.

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Washington. Eigentlich war es eine Veranstaltung ganz nach dem Geschmack des Weißen Hauses. Die Sonne strahlte über dem Rose Garden, und das zarte Grün der Bäume unter einem makellos blauen Himmel garantierte schöne Fernsehbilder.

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Doch als Joe Biden am Dienstag vor ausgewählten Gästen ans Mikrofon trat, um seine Initiative für bessere Kinderbetreuung und Pflege zu verkünden, wollte keine richtige Begeisterung aufkommen. Der Präsident – noch gezeichnet von den Strapazen seines Irland-Trips – nuschelte und verhaspelte sich in seiner Rede mehr als üblich. Einfühlsam schilderte er die Situation vieler Familien mit älteren Angehörigen: „Stellt Euch vor, der Vater hat sein ganzes Leben in seinem Haus gelebt, aber er schafft das einfach nicht mehr. (…) Wer sagt ihm das?“

Es klang etwas schräg aus dem Mund eines 80-Jährigen, dessen verstorbener Vater heute 107 Jahre alt wäre.

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Schon an Weihnachten wollte sich der Präsident entscheiden

Doch Joe Biden denkt nicht ans Aufhören. „Ich habe vor, anzutreten“, sagte er einem Reporter an Ostern: „Aber wir sind noch nicht so weit, das anzukündigen.“ Seit Monaten wird über den Termin für die De-facto-Entscheidung über den Präsidentschafts­kandidaten der Demokraten bei der nächsten Wahl 2024 spekuliert. Erst wollte sich Biden über Weihnachten mit seiner Familie beraten und anschließend die Entscheidung mitteilen. Dann war von Februar, später von April die Rede. Nun sind sich die Auguren bei „Washington Post“ und „New York Times“ einig: Am kommenden Dienstag – dem vierten Jahrestag von Bidens Einstieg in das Präsidentschafts­rennen für die Wahl 2020 – soll die erneute Bewerbung verkündet werden.

Anders als bei den Republikanern, wo der derzeitige Favorit Donald Trump von mehreren innerparteilichen Konkurrenten herausgefordert wird, wäre für die Demokraten die Personalie damit klar. Mit der esoterischen Buchautorin Marianne Williamson und dem Antiimpfaktivisten Robert F. Kennedy haben nur zwei ebenso randständige wie chancenlose Figuren ihre Bewerbung für den Kandidatenposten kundgetan. Dass ein prominenter Parteivertreter gegen den amtierenden Präsidenten antreten wird, gilt als extrem unwahrscheinlich.

Gutes Ergebnis bei Zwischenwahlen

Biden kann für sich eine Reihe von Argumenten ins Feld führen: Er hat den mutmaßlichen republikanischen Kontrahenten Donald Trump schon einmal geschlagen. Unter seiner Führung schnitten die Demokraten bei den Zwischenwahlen deutlich besser als erwartet ab. Er hat trotz schwieriger Mehrheits­verhältnisse im Kongress gesetzgeberisch bemerkenswert viel durchbekommen. Und am Arbeitsmarkt steigen Beschäftigten­zahlen und Löhne.

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Auf der anderen Seite sind die Umfragewerte des Präsidenten konstant bescheiden. Mit nur leichten Abweichungen je nach Institut sind nur 42 Prozent der Amerikaner mit seiner Arbeit zufrieden, 52 Prozent jedoch nicht. Zwar fallen die Zustimmungs­raten unter den Wählern der Demokraten deutlich besser aus: Dort liegen sie bei rund 80 Prozent. Doch die Euphorie für den Kandidaten bei jüngeren Unterstützern der Partei ist sehr gedämpft: Nur jeder vierte unter 45-Jährige würde Biden definitiv seine Stimme geben.

February 15, 2023, Lanham, Maryland, USA: United States President Joe Biden makes remarks on the economy and efforts to grow the economy, lower costs, and reward work, while reducing the deficit at IBEW Local 26 in Lanham, Maryland on February 15, 2023 Lanham USA - ZUMAs152 20230215_zaa_s152_126 Copyright: xChrisxKleponisx

Joe Biden vor erneuter Kandidatur: der Alte ohne Alternative

Mit 80 Jahren ist er bereits der älteste Präsident in der amerikanischen Geschichte. Doch alles deutet darauf hin, dass Joe Biden bald seine Kandidatur für eine zweite Amtszeit bekannt geben wird.

Zweifel an der körperlichen Fitness

Ein wesentlicher Grund dürfte das Alter des Kandidaten sein: Bei seiner Vereidigung wäre der schon jetzt älteste Präsident in der Geschichte der USA 82 Jahre, am Ende einer möglichen zweiten Amtszeit 86 Jahre alt. Zwar bescheinigt ihm sein Leibarzt eine gute Gesundheit. Doch ein Stolperer auf einer Flugzeug­treppe und ein Sturz vom Fahrrad haben Zweifeln an seiner Fitness Nahrung gegeben. Auch wirkt Biden bei seinen Auftritten etwas steif. Seine Reden sind öfter tonlos. Er verspricht sich regelmäßig. Und seine Anekdoten wiederholen sich.

Ob solche Überlegungen eine Rolle in der langen Entscheidungsphase gespielt haben, ist nicht bekannt. Offenkundig scheint aber, dass sich derzeit keine überzeugende Alternative aufdrängt: Vizepräsidentin Kamala Harris hat es in den ersten zwei Jahren ihrer Amtszeit nicht geschafft, mit einem einzigen Thema in Verbindung gebracht zu werden. Verkehrs­minister Pete Buttigieg scheint den öffentlichen Auftritt und die Selbst­darstellung besser als seinen Job zu beherrschen. Und der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom bleibt bundespolitisch blass.

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Je später Biden seine offizielle Bewerbung bekannt gibt, desto länger kann er versuchen, sich aus den vergifteten politischen Graben­kämpfen heraus­zuhalten und mit seiner präsidialen Bilanz zu punkten. Andererseits darf er solange auch keine Spenden für seine Kampagne einwerben. Das könnte zum Problem werden. „Das Geld steht im Zentrum der Zeitplanung“, schreibt die „New York Times“­.

Tatsächlich will sich Biden nach übereinstimmenden Medien­berichten am Dienstag in einer Video­botschaft den amerikanischen Wählerinnen und Wählern erklären. Für Freitag und Samstag ist laut „Washington Post“ dann in der amerikanischen Hauptstadt ein Treffen mit 50 bis 100 hochrangigen Sympathisanten der Demokraten geplant. Dort will Biden um politische Unterstützung werben – und um Geld.

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