System droht zu kollabieren

Frauenhäuser am Limit: Einrichtungen durchschnittlich über 300 Tage im Jahr voll belegt

Eine Frau sitzt in einem Frauenhaus auf einem Bett.

Eine Frau sitzt in einem Frauenhaus auf einem Bett (Symbolbild).

Frauenhäuser in Deutschland sind stark überlastet. Das zeigt eine bundesweite Datenauswertung des Recherchenetzwerks Correctiv.Lokal. Im vergangenen Jahr meldeten die ausgewerteten Frauenhäuser danach im Durchschnitt an 303 Tagen an, dass sie keine Kapazitäten für weitere Aufnahmen hätten. Wurde ein Platz frei, so sei er oftmals schon nach kurzer Zeit wieder besetzt gewesen. Als besonders kritisch wird die Lage im vergangenen Jahr in Hessen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz beschrieben: Frauenhäuser seien dort durchschnittlich an neun von zehn Tagen voll ausgelastet.

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Correctiv.Lokal hat im Jahr 2022 auf der Internetseite Frauenhaus-Suche.de täglich erfasst, wie oft entsprechende Einrichtungen in Deutschland belegt waren. In der Auswertung sind 200 Frauenhäuser aus 13 Bundesländern berücksichtigt worden. „Für jeden freien Platz, den wir haben, rufen pro Tag etwa vier bis fünf Frauen an. Von daher sind wir immer voll“, zitiert Correctiv.Lokal Kornelia Wagner-Kokabas aus dem Frauenhaus Bergisch-Gladbach.

Hilfesystem droht zu kollabieren

Erfährt eine Frau häusliche Gewalt, so braucht sie schnell Hilfe und Schutz – zum Beispiel in einem Frauenhaus. Doch dieser Teil des Hilfesystems drohe laut der Recherchen zu kollabieren. Das stehe im Widerspruch zur sogenannten Istanbul-Konvention, zu der sich Deutschland 2018 verpflichtete. Der Gewaltschutz für Frauen und Mädchen sollte verbessert werden. Darunter fielen auch genügend Frauenhausplätze, so Correctiv.Lokal.

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Über Correctiv.Lokal

Die Recherche zu den Frauenhäusern ist eine Kooperation von zahlreichen Lokalmedien und Correctiv.Lokal. Das Netzwerk fördert Recherchen im Lokaljournalismus. Neben gemeinsamen Recherchen erhalten die mehr als 1500 Mitglieder kostenlose Fortbildungen. Mit gemeinsamen Veranstaltungen wird der Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern vor Ort unterstützt. Dadurch stärkt das Projekt die Demokratie.

„Die Frauen, die sich trennen, stoßen auf ein chronisch unterfinanziertes und schlecht ausgestattetes Unterstützungssystem“, sagt Britta Schlichting von der Zentralen Informationsstelle der Autonomen Frauenhäuser (ZIF) gegenüber Correctiv.Lokal.

Im 2021 formulierten Koalitionsvertrag seien konkrete Ziele vereinbart worden, um die Situation zu verbessern. Dort heiße es, dass die Bundesregierung eine verlässliche bundesweite Finanzierung sicherstellen werde. Das Geld solle sowohl vom Bund als auch von den Ländern kommen. Doch das sei bisher nicht umgesetzt worden. Laut Correctiv.Lokal sei das BMFSFJ vage geblieben: Die bundesgesetzliche Regelung solle noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden, habe eine Sprecherin auf Anfrage des Recherchenetzwerks mitgeteilt. Die Originaldaten und genauere Infos zur Methodik können hier eingesehen werden.

RND/lin

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