„Befremdliches“ Vorgehen

Berliner Justizsenatorin: Blockaden der Letzten Generation sind „unverantwortlich“

Felor Badenberg (parteilos), Berliner Senatorin für Justiz und Verbraucherschutz

Felor Badenberg (parteilos), Berliner Senatorin für Justiz und Verbraucherschutz

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Berlin. Nach der Razzia gegen die Klimaschutz-Gruppe Letzte Generation hat Berlins neue Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos) deren Blockadeaktionen als „irritierend“ und „unverantwortlich“ bezeichnet. „Wer trägt die Verantwortung, wenn da jemand zu spät ins Krankenhaus kommt?“, sagte Badenberg der Deutschen Presse-Agentur. „Wir als Gesellschaft können es nicht gutheißen, dass hier Menschen mittels Gewalt ihren Willen durchsetzen wollen, ich finde das absolut unverantwortlich.“

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Badenberg, die seit April für die CDU im Senat sitzt, nannte das Vorgehen der Klimaaktivisten „befremdlich“. Natürlich sei es gut, dass sich junge Menschen für Politik interessieren, auf die Straße gehen und demonstrieren würden. „Was mich bei der Letzten Generation irritiert, ist die gewählte Protestform. Ich finde es belastend, dass die Aktivisten andere Menschen mittels Gewalt - im juristischen Sinne - tagtäglich nötigen.“

Weiter kritisierte die Senatorin: „Es gibt Menschen, die ihre Kinder nicht pünktlich von der Kita abholen können, nicht zu ihren pflegebedürftigen Eltern gelangen bis hin zu Geschäftsleuten, die Termine nicht wahrnehmen können, Flüge verpassen, finanzielle Einbußen haben.“ Viel wichtiger sei für sie aber die Tatsache, „dass unter anderem Rettungswagen und Feuerwehrwagen behindert werden und verspätet eintreffen“, sagte Badenberg. „Wir hatten Fälle, bei denen es unter anderem einen Verdacht auf Schlaganfall gab mit Atemnot und Herzbeschwerden und bei denen der Rettungswagen circa 26 Minuten später eingetroffen ist.“

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Verdacht gegen Klimaaktivisten

Die bayerische Kriminalpolizei hatte am Mittwoch Wohnungen von Mitgliedern der Letzten Generation in sieben Bundesländern durchsucht. Dabei ging es um Vorwürfe gegen die Gruppe wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung und der Vorbereitung von Straftaten.

Auch Badenberg lässt derzeit in ihrer Senatsverwaltung prüfen, ob es sich bei der Klimagruppe um eine kriminelle Vereinigung handelt. Die Berliner Staatsanwaltschaft hielt das nicht für gegeben. Das Landgericht Potsdam hatte hingegen den Anfangsverdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung bestätigt. Dabei ging es aber nicht vor allem um die Straßenblockaden, sondern um Ermittlungen wegen Störung öffentlicher Betriebe und des gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr. Das bezog sich auf Attacken auf Anlagen der Raffinerie PCK in Schwedt und eine Störaktion am Berliner Flughafen.

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Auch der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes, Sven Rebehn, betonte: „Auch ein guter Zweck wie der Klimaschutz rechtfertigt selbstverständlich keine Straftaten. Die Meinungs- und die Versammlungsfreiheit enden dort, wo das Strafrecht beginnt.“ Wer diese Grenze überschreite, der müsse sich dafür vor der Justiz verantworten. „Das Vorgehen von Teilen der Klimaaktivisten ist in den vergangenen Monaten zunehmend radikaler geworden. Es ist die Aufgabe der Justiz, darauf mit den Mitteln des Rechtsstaates zu reagieren und die Rechtsordnung durchzusetzen.“

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FDP-Bundesvize Johannes Vogel spricht sich unterdessen für mehr politische Debatte über den Klimaschutz aus. Jede Aktion der Umweltaktivisten führe dazu, „dass eine wütende Bürgerin und ein wütender Bürger mehr in diesem Land entsteht und Menschen gegen das Ziel Klimaschutz aufgebracht werden“, sagte Vogel am Donnerstag im ARD-„Morgenmagazin“. Das leiste dem Anliegen einen Bärendienst.

„Straftäter und keine Gesprächspartner“

Wichtiger ist es aus Sicht des Ersten Parlamentarischen Geschäftsführers der FDP-Fraktion, mehr über die wirksamsten Maßnahmen zu reden, um in 22 Jahren klimaneutral zu sein. Bereits Anfang Mai hatte sich Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) zu einem Austausch mit der Letzten Generation getroffen. Laut der Gruppe soll es ein weiteres Gespräch mit dem Minister geben.

CDU-Chef Friedrich Merz lehnte im „RTL/ntv-Frühstart“ am Donnerstag ein Treffen mit den Aktivisten ab: „Nein, das werde ich sicherlich nicht tun. Und das Beispiel von Herrn Wissing zeigt mir, dass das völlig sinnlos ist“, sagte Merz. „Das sind Straftäter und keine Gesprächspartner“, betonte der CDU-Politiker. Es sei richtig, dass Polizei und Staatsanwaltschaft konsequent gegen die Klimaschutzgruppe vorgehen und diejenigen, die sie finanzieren, schrieb er auf Twitter.

Nach Einschätzung einer Berliner SPD-Innenpolitikerin zielen die Blockaden vor allem auf Provokation. Die Razzia der Polizei sei auch „ein Stück weit provoziert worden“, sagte die Vorsitzende des Innenausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses, Melanie Kühnemann-Grunow, am Donnerstag im RBB-Inforadio. „Und ich glaube, dass es der Gruppierung Letzte Generation auch genau darum geht: zu provozieren.“

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Trotzdem sei die Razzia der bayerischen Staatsanwaltschaft „über das Ziel hinaus geschossen“. Das Ziel der Klimaschützer sei nicht kriminell, nur die Methode der Nötigung, sagte Kühnemann-Grunow. Die Aufregung über die Gruppe nütze niemandem etwas. „Das ist klar, das wollen die, das bringt Publicity.“ Auch die reine Strafverfolgung sei nicht ausreichend. Die Politik müsse stattdessen mehr mit den Demonstranten ins Gespräch kommen und Lösungen anbieten, etwa wie man Berlin klimaneutral bekomme.

RND/dpa

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