Frankreichs Energiekonzept

Macron setzt auf eine strahlende Zukunft

Im Wahlkampf vor einem Jahr hatte Präsident Emmanuel Macron sechs neue Europäische Druckwasserreaktoren (EPR) angekündigt.

Im Wahlkampf vor einem Jahr hatte Präsident Emmanuel Macron sechs neue Europäische Druckwasserreaktoren (EPR) angekündigt.

Frankreich ist das EU-Land mit dem größten Anteil der Kernkraft in seinem Energiemix. Dieser beträgt rund zwei Drittel und soll in Zukunft sogar noch wachsen. Seit Montag debattiert die Nationalversammlung über einen Gesetzentwurf zur Beschleunigung des Baus neuer Reaktoren durch die Vereinfachung von Verwaltungsverfahren.

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Im Wahlkampf vor einem Jahr hatte Präsident Emmanuel Macron sechs neue Europäische Druckwasserreaktoren (EPR) angekündigt, die ab 2035 ans Netz gehen sollen, die Prüfung des Baus von acht weiteren sowie hohe Investitionen in die Entwicklung von Minireaktoren (Small Modular Reactors).

Der Präsident wandte sich damit endgültig vom Ziel ab, den Anteil der Kernenergie auf 50 Prozent zu senken, das 2015 unter seinem Vorgänger François Hollande beschlossen wurde. Zwar verabschiedete das Parlament zu Jahresbeginn auch ein Gesetz zur Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien, doch der Fokus bleibt auf der Atomkraft.

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Aus Frankreich kann das erste große Land der Welt werden, das aus der Abhängigkeit fossiler Energien aussteigt und seine Energieunabhängigkeit verstärkt.

Emmanuel Macron,

Präsident

Innerhalb von 30 Jahren, so schwärmte Macron, könne „aus Frankreich das erste große Land der Welt werden, das aus der Abhängigkeit fossiler Energien aussteigt und seine Energieunabhängigkeit verstärkt“. Bedenken hinsichtlich der Endlagerung von Atommüll, der Unfallgefahr oder der immensen Kosten lässt der 45-Jährige nicht gelten.

„Wann immer möglich“ solle die ursprünglich vorgesehene Maximallaufzeit von 40 Jahren der bestehenden Reaktoren verlängert werden, so Macron. Der Senat hat dem neuen Gesetz bereits im Januar zugestimmt. Kurzfristig wurde ein Änderungsantrag hinzugefügt, der die Zusammenlegung des Instituts für Strahlenschutz und nukleare Sicherheit (IRSN) und der Behörde für nukleare Sicherheit (ASN) vorsieht.

Diese Pläne erregen zwar Unmut in Teilen der linken und der grünen Opposition sowie bei den Gewerkschaften. So kritisierte die Grünen-Chefin Marine Tondelier, beide Behörden würden fusioniert, weil sie „ziemlich alarmierende Berichte“ abliefern, welche von der Staatsspitze unerwünscht seien.

Doch drei von vier Franzosen unterstützen die Atomkraft und eine öffentliche Debatte darüber findet kaum statt, trotz der großen Probleme, die die hoch verschuldete, überwiegend staatliche Betreibergesellschaft EDF seit über einem Jahr mit dem Atompark des Landes hat.

Wartungsarbeiten und Risse

Durch geplante Wartungsarbeiten, aber auch entdeckte Risse in mehreren Reaktoren sowie aufgrund der überhitzten Flüsse im Sommer, die der Abkühlung dienen, fiel die französische Stromproduktion 2022 auf einen Tiefstand seit über 30 Jahren.

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Zeitweise standen mehr als die Hälfte der 56 Meiler still und erstmals seit 1980 war Frankreich wieder Netto-Importeur von Elektrizität. Doch anders als befürchtet kam es im Winter nicht zu Notabschaltungen.

EDF wies alle Vorwürfe zurück und erklärte, infolge der Ankündigung Hollandes, insgesamt 14 Atommeiler zu schließen, sei zu wenig in die Ausbildung von Fachpersonal investiert worden, technisches Know-How ging verloren. Nun organisierte das Arbeitsamt eine Informationskampagne über die Berufe in der Nuklearindustrie, die mit 220.000 Stellen die drittgrößte französische Industriebranche ist.

Wie werden wir sie abkühlen angesichts von Risiken in der Zukunft, die wir heute nicht einmal vorhersehen können?

Marine Tondelier,

Chefin der Grünen

Bis 2030 sollen pro Jahr 10.000 bis 15.000 Mitarbeiter eingestellt werden. Angesichts der drohenden Dürre auch in diesem Jahr warnte Grünen-Politikerin Tondelier vor dem enormen Wasserbedarf der französischen Atomkraftwerke: „Wie werden wir sie abkühlen angesichts von Risiken in der Zukunft, die wir heute nicht einmal vorhersehen können?“

Korrosionsschäden in Penly und Cattenom

Derweil kamen vor wenigen Tagen neue Hiobsbotschaften aus den Atomkraftwerken Penly in der Normandie und Cattenom in Ostfrankreich. Dort entdeckte Korrosionsschäden, vor allem einen besonders langen und tiefen Riss an einer Rohrleitung des Notkühlsystems in Reaktor 1 in Penly, nannte die ASN „nicht unerheblich“.

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Weitere Reaktoren müssen nun überprüft werden. Am Standort in Penly möchte Macron bereits 2027 den Grundstein für zwei neue EPR-Reaktoren legen. EDF geht von Gesamtkosten in Höhe von 51,7 Milliarden Euro für sechs Exemplare aus.

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Doch wie verlässlich sind diese Schätzungen? Als schlechtes Vorbild gilt der Bau eines EPR-Prototyps auf französischem Boden in der Normandie. Hätte er ursprünglich 3,3 Milliarden Euro kosten und 2012 fertiggestellt werden sollen, so geht der Rechnungshof inzwischen von 19,1 Milliarden Euro aus.

Die Inbetriebnahme ist für Mitte 2024 geplant. Doch die französische Regierung bleibt ganz auf ihrem Kurs. Auch in Brüssel kämpft sie für die Anerkennung von Atomstrom als klimafreundliche Energieerzeugung. Derzeit entzweit die Frage, ob daraus gewonnener Wasserstoff in der Erneuerbaren-Richtlinie der EU als grün klassifiziert werden darf, Paris und Berlin.

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