Nach der Berlin-Wahl: Welche Koalition jetzt am wahrscheinlichsten ist
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Wer bildet nach der Wahl die Landesregierung in Berlin? Politikwissenschaftlerin Julia Reuschenbach von der Freien Universität Berlin hält eine rot-grün-rote Koalition für am wahrscheinlichsten.
© Quelle: Soeren Stache/dpa
Berlin. Bei der Abgeordnetenhauswahl in Berlin hat die CDU deutlich gewonnen. Auf Platz zwei liegt die SPD, die am Ende nur 105 Stimmen mehr als die Grünen eingefahren hat. Jetzt müssen die Parteien Allianzen schmieden. Neben einer CDU-geführten Koalition wäre auch denkbar, dass SPD, Grüne und Linke zusammen weiterregieren.
Politikwissenschaftlerin Julia Reuschenbach von der Freien Universität Berlin hält eine rot-grün-rote Koalition für wahrscheinlicher als andere Optionen. „Alle drei Koalitionspartner haben ja deutlich das Signal ausgesendet, dass sie gerne ihre Zusammenarbeit fortsetzen wollen, weil sie über weite Strecken gut zusammengearbeitet haben“, sagt die Wahlforscherin dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Giffey fordert „Veränderungsagenda“ für Berlin
SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey will mit ihrer Partei in Berlin weiter mitregieren.
© Quelle: Reuters
Ergebnis „aus demokratiepolitischer Sicht spannend“
Das Ergebnis der Wahl am Sonntag sei aus demokratiepolitischer Sicht spannend, sagt Reuschenbach. „Einerseits waren die Menschen in Berlin sehr unzufrieden mit ihrer bisherigen Regierung. Das war auch der Grund für den großen Stimmenzuwachs bei der CDU, der Wahlsiegerin des gestrigen Abends. Andererseits hat eine Umfrage nach der Wahl aber ergeben, dass die Wählerinnern und Wähler dann doch am ehesten eine Fortsetzung des bisherigen Bündnisses von Rot-Grün-Rot bevorzugen würden.“
Die Chance, dass die CDU am Ende mitregieren wird, hält die Politikbeobachterin für gering. „CDU-Wahlsieger Kai Wegener steht gegenüber einer bisherigen Koalition, die eine Zusammenarbeit, wie sie bislang stattgefunden hat, vermutlich vorziehen würde.“ Grund für diese Einschätzung sei auch der hauchdünne Vorsprung von etwa 100 Stimmen der SPD gegenüber den Grünen. „Mit Bettina Jarasch (Grüne) an der Spitze wären Debatten über eine Zusammenarbeit mit der CDU vonseiten der SPD vermutlich wahrscheinlicher gewesen“, sagt Reuschenbach.
„Es kommt jetzt auch auf Stabilität durch die Zusammenarbeit von Partnern an, die sich das auch wirklich miteinander vorstellen können und nicht erst große Gräben überwinden müssen.“
Julia Reuschenbach, Politikwissenschaftlerin an der FU Berlin
Der knappe Vorsprung der SPD stelle für Franziska Giffey aber das gesichtswahrende Szenario dar, um unter ihrer Führung die bisherige rot-grün-rote Koalition fortzuführen. „Anstatt als Juniorpartner an der Seite einer sehr starken CDU zu enden, wird Giffey alles daran setzen, eine Fortsetzung ihres bisherigen Bündnisses auf den Weg zu bringen. Fraglich ist jedoch, ob sie dafür auch aus den eigenen Reihen hinreichend Unterstützung erhält.“
Nach der Wahl dürfe es jetzt keine ewig lange Hängepartie durch lange Verhandlungen geben, so Reuschenbach. „Es kommt jetzt auch auf Stabilität durch die Zusammenarbeit von Partnern an, die sich das auch wirklich miteinander vorstellen können und nicht erst große Gräben überwinden müssen.“ Dass Grüne und SPD jetzt Gespräche mit der CDU führen, sei aber absolut richtig und angemessen. „Am Ende braucht es auch Demut gegenüber dem Wahlergebnis. Würden sie sich diesen Gesprächen verweigern, wäre das ein Affront gegenüber einem so deutlichen Wahlsieg der CDU, wie wir ihn gestern gesehen haben.“
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„Ein Weiter-so bedeutet, dass es kein Weiter-so geben darf“
Demokratiepolitisch gelte schlussendlich, dass es auf stabile parlamentarische Mehrheiten ankommt. Reuschenbach: „Wem es gelingt, im Parlament eine Mehrheit zusammenzubekommen, der kann koalieren.“
Fällt die Wahl letztlich auf eine Fortführung des rot-grün-roten Bündnisses, müsse sich dieses reformieren, warnt Reuschenbach. „Man muss die Bewegungen im Parteiensystem wirklich ernst nehmen. Wir sehen eine große Unzufriedenheit mit dem, was politisch gemacht wurde.“ Es gelte jetzt, weg von Ankündigungsoffensiven und hin zu konkretem politischem Handeln zu kommen, besonders was die großen Fragen der Stadt, Mobilität und Wohnen, betrifft. „Wenn das nicht gelingt, wird Rot-Grün-Rot am Ende dieser Legislatur zu spüren bekommen, dass Wählerinnen und Wähler diese Koalition dann tatsächlich nicht mehr wollen. Ein Weiter-so bedeutet für die Koalitionspartner, dass es kein Weiter-so geben darf.“