Orden für die Altkanzlerin: Ruhm für Merkel, Ruhm durch Merkel
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Nordrhen-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst übergibt Angela Merkel einen Orden.
© Quelle: Getty Images
Berlin. Es ist nicht so, dass Angela Merkel noch keine Auszeichnungen bekommen hätte. Im Gegenteil. Rund 20 staatliche Orden, 30 Preise und Auszeichnungen von nicht staatlichen Organisationen sowie über ein Dutzend Ehrendoktorwürden haben sich angesammelt. Nun kommt noch eine dazu: Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst verlieh Merkel am Donnerstag im Kölner Palais Flora die höchste Auszeichnung seines Landes, den großen Staatspreis. Und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat eilig wissen lassen, dass der Bayerische Verdienstorden auch schon auf Merkel warte.
Angesichts von Hochkarätern wie der USA-Freiheitsmedaille, verliehen vom damaligen Präsidenten Barack Obama im Jahr 2011, wäre all das eher unter der Rubrik Nachgeplänkel zu vermerken. Aber weil weder CSU noch CDU, insbesondere deren aktueller Chef Friedrich Merz, ein entspanntes Verhältnis zu Angela Merkel hatten und haben, bekommen die neuen Urkunden und Orden doch noch ihr ganz eigenes Gewicht. Merz hat es nicht geschafft, sich öffentlich zu freuen, als Merkel vor ein paar Wochen von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier der höchste deutsche Orden verliehen wurde, das Großkreuz des Verdienstordens in besonderer Ausführung. Er merkte allerdings an, nicht zur Verleihung geladen gewesen zu sein.
Hendrik Wüst gegen Merz
Und nun wird Merkel ausgerechnet von dem Mann geehrt, dem zugetraut wird, Merz die Kanzlerkandidatur bei der nächsten Bundestagswahl streitig zu machen – als jüngeres, liberaleres und geschmeidigeres Politikangebot, mit weniger missioniarischen Zuschreibungen zwar, dafür aber mit Regierungserfahrung.
Merkel-Lobreden als Wahlkampf
Dieser Ministerpräsident Wüst hat mit Merkel am Dienstag zunächst Bad Münstereifel besucht, das im Sommer 2021 von einem Hochwasser stark zerstört worden war. In seiner Verleihungsrede lobte er anschließend Vertrauen, Verantwortung und Führungskraft der Altkanzlerin, die in den vielen Krisen ihrer 16-jährigen Amtszeit „sicher und kraftvoll“ agiert habe und mit einem „siebten Sinn für das Machbare und Mögliche“, mit Mut und christlicher Überzeugung. Eine Wegbereiterin für Frauen in Spitzenpositionen sei Merkel gewesen. Er sei überzeugt, „auch alle Männer hier in der Flora sagen dafür: Danke!“, befand Wüst mit möglicherweise bewusster Ortsbetonung. Unter den Gästen: Frühere NRW-Ministerpräsidenten wie Jürgen Rüttgers (CDU) und Peer Steinbrück (SPD). Erneut kein Merz in Sicht, wiewohl auch aus NRW.
Die Laudatio hielt die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde. Merkel habe für Einigkeit gestanden, wo andere versucht hätten, zu spalten, sagte Lagarde.
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Ein bisschen Merkel-Glanz auch für Söder
Am 21. Juni ist dann Bayern an der Reihe. Ministerpräsident Markus Söder hat Merkel in die Residenz geladen, dem ehemaligen Sitz der bayerischen Könige. Ausgerechnet CSU-Chef Söder, über Jahre einer von Merkels schärfsten Gegenspielern in der Flüchtlingspolitik. Aber der Anti-Merkel-Kampf hat Söder bei der letzten Landtagswahl 2018 schwer geschadet, nun steht die nächste Wahl an. Und ein bisschen Merkel-Glanz passt da offenbar ganz gut ins Konzept. Und der Verdienstorden ist auch nur die zweithöchste bayerische Auszeichnung.
Die Altkanzlerin solle für ihre Bewältigung internationaler Krisen wie der Finanzkrise, der Euro-Krise und der Corona-Pandemie geehrt werden, sagte ein Sprecher Söders dem „Münchner Merkur“. Die Flüchtlingskrise fehlte bei der Aufzählung, anders als in der Würdigung durch NRW-Regierungschef Wüst, der Merkel auch hier Führung und Verantwortung und zusätzlich Humanität bescheinigte.
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Die frühere Kanzlerin Angela Merkel (Mitte) sitzt zu Beginn der Verleihung des NRW-Staatspreises zwischen Hendrik Wüst, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfahlen (CDU, links) und Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB, rechts) in der ersten Reihe.
© Quelle: Henning Kaiser/dpa
„Ich bin ganz gerührt“, sagte Merkel nach den Ansprachen in Köln. Beim Staatspreis steht sie nun in einer Reihe mit Rennfahrer Michael Schumacher und Zirkusdirektor Bernhard Paul, das Preisgeld von 25.000 Euro soll an den Ukraine-Hilfsverein Blau-Gelbes Kreuz gehen.
Mit dem bayerischen Verdienstorden um den Hals kann sie künftig alle bayerischen Schlösser gratis besichtigen. Und auch für Schifffahrten auf Chiemsee oder Starnberger See müsste sie so geschmückt nicht mehr zahlen.