Drohnenbilder zeigen Ausmaß der Zerstörung von Bachmut
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Dieses Videostandbild, das von einer Drohne aufgenommen wurde, zeigt, wie die längste Schlacht der einjährigen russischen Invasion die Stadt der Salz- und Gipsminen in der Ostukraine in eine Geisterstadt verwandelt hat.
© Quelle: Uncredited/AP/dpa
Bachmut. Durch die rauchenden Ruinen streunt ein einsamer Hund. Von Hunger getrieben, wird er sich wohl kaum darum scheren, dass hier jederzeit wieder todbringende Geschosse vom Himmel fallen könnten. Menschen entdeckt man auf den jüngsten Drohnenaufnahmen der Nachrichtenagentur AP nicht. Sie haben sich in ihrem Kampf ums Überleben offensichtlich gut versteckt, denn Bachmut im Osten der Ukraine wird trotz weitgehender Zerstörung immer noch gnadenlos von russischen Kampfeinheiten angegriffen.
Einst lebten in Bachmut etwa 80.000 Menschen, jetzt sind es vermutlich nur noch ein paar tausend. Einige konnten bislang noch nicht evakuiert werden, andere wiederum harren freiwillig in der Stadt aus, die den Ukrainern als Symbol für ihren ungebrochenen Widerstand gilt. Trotz zahlreicher Todesopfer auf beiden Seiten gibt es dort weiterhin einen ukrainischen Truppenstandort, dessen Größe wird allerdings geheim gehalten. Den russischen Streitkräften ist es dadurch immer noch nicht gelungen, die Stadt mit ihren Salz- und Gipsbergwerken einzunehmen.
Eine Geisterstadt
Die AP-Luftaufnahmen vom 13. Februar zeigen deutlich, wie Bachmut nach der am längsten anhaltenden Schlacht des nunmehr einjährigen Krieges zur Geisterstadt geworden ist. Reifenspuren und Fußabdrücke im Schnee belegen jedoch, dass hier immer noch Menschen leben. Die noch verbliebenen Wände eines einstigen Ladens sind mit Graffiti übersprüht. „Bachmut liebt die Ukraine“, lautet ein Spruch, der auch aus der Luft gut zu erkennen ist.
Auf einer anderen Wand wurde mit Hilfe einer Schablone das Konterfei von Walerij Saluschnyj angebracht, dem Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte. Er hält zwei Finger für das Siegeszeichen „V“ (Victory) in die Höhe. Darunter prangt der Text: „Gott und Walerij Saluschnyj sind mit uns.“
Bachmut repräsentiert die Unbezwingbarkeit unserer Soldaten
Wadym Skibitskyj
„Bachmut ist eine Festung und ein Gradmesser (für den Widerstand)“, bekräftigt der ranghohe ukrainische Geheimdienstbeamte Wadym Skibitskyj. Er vergleicht den Kampf um diese Stadt mit dem heftigen Widerstand der Ukraine in Mariupol in den Anfängen des Krieges. Mehrere Monate lang waren die russischen Truppen in die Schlacht um diese Hafenstadt eingebunden, so dass sie anderswo nicht zur Verfügung standen. „Bachmut repräsentiert die Unbezwingbarkeit unserer Soldaten“, fügt Skibitskyj im AP-Interview hinzu und verweist auf hohe Verluste, die den russischen Truppen zugefügt worden seien.
Die Luftaufnahmen zeigen, wie ganze Wohnblöcke zu Ruinen geworden sind. Nur einige Außenwände stehen noch, während im Inneren nur Schutt und Asche sowie rostende Metallstäbe übrig geblieben sind. Auch der Schnee kann die immense Zerstörung nicht verdecken. Die Drohne dringt in die Innenräume der Ruinen ein, sogar bis in die Küche einer zerstörten Wohnung, wo noch ein Sieb und ein paar Essteller auszumachen sind. Doch die Straßen sind menschenleer, in den Läden findet man keine Einkäufer, in den Parks spielen keine Kinder.
Ähnliche Ruinenstädte
Man fühlt sich unweigerlich an die Geisterstädte früherer Kriege erinnert, die heutzutage zum Museum geworden sind. Vergleiche drängen sich auf mit Fleury-devant-Douaumont unweit von Verdun in Frankreich. Diese Ortschaft wurde im Ersten Weltkrieg zusammen mit acht weiteren Dörfern von Juni bis August 1916 von deutschen Truppen belagert und später nie wieder aufgebaut – als Mahnmal für nachfolgende Generationen.
Eine ähnliche Ruinenstadt ist Oradour-sur-Glane. Hier tobten am 10. Juni 1944 heftige Kämpfe zwischen den Truppen Frankreichs und der deutschen Nationalsozialisten. Letztere trieben Zivilpersonen in Scheunen sowie in eine Kirche und setzten dann das gesamte Dorf in Brand. 642 Menschen kamen ums Leben. Es war das größte Massaker an der Zivilbevölkerung in Frankreich während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg.
In der Ukraine hat sich die Schlacht um Bachmut tief ins kollektive Bewusstsein der Bevölkerung eingegraben. Sogar eine Popgruppe hat der Stadt einen Song gewidmet. „Bachmut, unsere Festung“, heißt das Lied, das im Internet schon fast vier Millionen Mal aufgerufen wurde. Eine Textzeile lautet: „Mutter, ich halte stand. Mutterland, ich kämpfe.“
RND/AP