Großprojekt der Bahn

„Stuttgart 21″ geht in die letzte Runde – doch der Protest geht weiter

Blick in die Baustelle des Stuttgarter Tiefbahnhofs: An einem der fertig gegossenen „Kelche“ finden Restarbeiten statt.

Blick in die Baustelle des Stuttgarter Tiefbahnhofs: An einem der fertig gegossenen „Kelche“ finden Restarbeiten statt.

Das Klischee von der Pünktlichkeit der Schwaben wird an diesem Nachmittag vollauf erfüllt. Der ICE aus Hannover kommt am Montagnachmittag auf die Minute genau im Stuttgarter Talkessel an, so als würde hier – anders als in Berlin, Leipzig oder sonst wo in der Republik – kein Zug jemals wagen, sich zu verspäten. Zuvor ist man durch uralte Tunnel gerollt, hat auf uralte Brücken geblickt und ist schließlich an einem der acht Kopfbahnsteige gelandet, dessen Belag man die Jahre ansieht. Von Deutschlands größtem Bahnprojekt „Stuttgart 21″ finden sich im Stuttgarter Hauptbahnhof zunächst nur ein paar Sehschlitze in einer Werbewand. Der Blick fällt auf Kräne, Beton, riesige Lichtschächte – es ist „die“ Baustelle.

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Kräne im Talkessel: Blick auf die Baustelle des Tiefbahnhofs von „Stuttgart 21“.

Kräne im Talkessel: Blick auf die Baustelle des Tiefbahnhofs von „Stuttgart 21“.

„Es ist ein großes Missverständnis außerhalb der Region Stuttgart, dass ‚Stuttgart 21′ nur der künftige Hauptbahnhof ist, und dass der allein so viel kostet“, sagt Jörg Hamann, Kommunikationschef der DB Projekts Stuttgart–Ulm GmbH beim Hinabsteigen auf die Baustelle. „So viel“ – das sind Stand der Dinge 9,15 Milliarden Euro plus ein 640-Millionen-Euro-Puffer. Für diese gefühlte Unsumme wurde und wird allerdings eben weit mehr gebaut – vier neue Bahnhöfe entstehen, 44 Brücken, 59 Kilometer Tunnelröhren, 57 Kilometer neue Schienenwege, die mit bis zu 250 Stundenkilometern befahren werden können.

„Der Südwesten schert in den Deutschlandtakt ein“

An „Stuttgart 21″ geknüpft ist das Projekt einer Neubaustrecke nach Ulm. Man werde dadurch Teil des Europäischen Hochgeschwindigkeitsnetzes, so Hamann. Auf der „Magistrale für Europa“ soll man nach deren Fertigstellung binnen acht Stunden von Paris nach Budapest reisen können. „Der Südwesten Deutschlands schert dann in den Deutschlandtakt ein“, sagt der Pressesprecher, „halbstündig wird der jeweils nächste Bahn-‚Knotenpunkt‘ erreicht – mit gut darauf abgestimmten Regionalfahrplänen.“ Die Welt wird schneller, koordinierter, entspannter. So lautet die Verheißung der Träger von „Stuttgart 21″, als da sind: die Deutsche Bahn, der Bund, das Land Baden-Württemberg, die Stadt Stuttgart, die Region und der Flughafen Stuttgart.

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Der Tiefbahnhof sieht aus wie aus einem Science-Fiction-Setting

Die Attraktion ist aber natürlich – konkurrenzlos – der Tiefbahnhof des Büros Ingenhoven Architects mit seinen bislang 23 von insgesamt 28 fertigen tageslichtgefluteten, raumschiffgroßen Kelchstützen, die das Dach der bis zu 447 Meter langen Bahnhofshalle tragen werden. Wie in einem Science-Fiction-Setting von Stanley Kubrick wähnt man sich bei dem Rundgang über die Baustelle, wie im unterirdischen Pilzgarten von Jules Vernes „Reise zum Mittelpunkt der Erde“.

Man kann kaum anders als überwältigt zu sein von der futuristisch-organischen Struktur des Gesamten. Auch die Seitenwände werden nicht etwa plötzlich rechtwinklig und reißen den Betrachter damit aus seinem Staunen, sondern harmonieren mit ihren „weichen“ Rundungen perfekt mit dem Wald der noch grauen Trichter. Beton, der swingt.

Ein kompliziertes Puzzle aus 22.000 Bewehrungseisen

Man geht auf der Höhe der künftigen Bahnsteige vorbei an gewaltigen Schalungselementen und wendigen, eigens für deren Transport konstruierten Lastfahrzeugen. Man steht und staunt vor einem riesigen, trutzigen Rundgerüst, das speziell für die gewaltigen Lasten der Kelche entwickelt wurde, deren Krempe stolze 32 Meter Durchmesser hat. In der Mitte des Gerüsts „flechten“ Arbeiter gerade den Metallkern.

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„Das ist ein riesengroßes Puzzle, was die Leute da oben ineinander setzen müssen, und es muss auf den Millimeter passen“, sagt Michael Pradel, Geschäftsführer Technik der DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH. Die Bewehrung eines einzigen Kelchs besteht aus 22.000 dreidimensional gebogenen Bewehrungseisen, von denen 11.000 unterschiedlich geformt sind. Die 23 Schalungselemente eines Kelchs werden von einem Roboter aus Holzblöcken gefräst, danach sorgen Schiffsbauer mit einer zweifachen Lage Epoxitharz samt einer Glasgewebeeinlage für die gewünschte Oberflächenstruktur. Zwei Wochen dauert der Gerüstbau, sechs Wochen das diffizile Bewehrungsflechten, bevor binnen eines Tages 700 Kubikmeter Beton eingefüllt werden. Drei Kelche können parallel entstehen.

„Ich wäre nicht hier, wenn es diese Kelchstützen nicht geben würde“, grinst der gebürtige Ostberliner Pradel, der zuvor zehn Jahre an der U-Bahn von Rotterdam gearbeitet hat. „Ich wollte die Dinger bauen, weil alle gesagt haben, das wird nichts.“ Das Gefühl, das ihn heute erfüllt, sei „Stolz auf das Geleistete“. Wenn nichts dazwischenkomme, werde der Eröffnungstermin eingehalten werden können.

Die Projektgegner des „Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21″ sind noch kampflustig

Wenn es allerdings nach dem Willen des „Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21″ geht, wird dieser Tag nie kommen. Eine weitere Überraschung beim Besuch in der baden-württembergischen Landeshauptstadt ist, dass sich die Bewegung der Projektgegner keineswegs ermattet und desillusioniert gibt, sondern noch überaus kampflustig ist. Nach der Volksabstimmung am 27. November 2011 waren wichtige Bündnisgruppen aus der Gemeinschaft ausgeschert.

Der neue Ministerpräsident Winfried Kretschmann, dessen Partei Bündnis 90/Die Grünen zuvor ein verlässlicher Protestpartner gegen das längst demokratisch legitimierte Bahnprojekt gewesen war, richtete sich nach dem Willen seiner Landsleute, die sich mit einer Mehrheit von 58,9 Prozent für eine Beibehaltung der Landesfinanzierung für „Stuttgart 21″ ausgesprochen hatten. 2019 setzte Kretschmann im Gespräch mit Stuttgarter Gemeinderäten letzten Zweifeln an seiner Position ein Ende. „Der Käs‘ isch gesse!“

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„Des senn de Schlimmste!“ - Keine Sympathien für die Grünen

Deswegen kommen die Grünen auch nicht gut weg bei der 629. Montagsdemo des Aktionsbündnisses vor einigen Tagen. „Des senn de Schlimmste‘“, ruft eine Frau dazwischen, und wieder und wieder gibt es Buhrufe, wenn am Stuttgarter Schlossplatz, über den zur Demozeit kurz nach 18 Uhr ein Regenstreifen hinwegzieht, Politikernamen fallen. Ein Thema des Abends sind die Mängel der Verkehrswende, und der Politik wird vorgeworfen, sie mache gemeinsame Sache mit Automobil- und Ölkonzernen.

Längst haben sich Klimawandel und Klimaschutz auf der Agenda der „Stuttgart 21″-Gegner, die eine modifizierte Version des alten Kopfbahnhofs favorisieren, nach vorne geschoben. Entsprechend bittet der Stuttgarter Fridays-for-Future-Aktivist Fritz Herkenhoff auf der Bühne zu einer Kundgebung seiner Bewegung am kommenden Freitag: „Wir brauchen euch.“ Die etwa 200 Aktivisten des Aktionsbündnisses, vornehmlich Männer und Frauen mittleren und fortgeschrittenen Alters, applaudieren.

„Oben bleiben“: die 629. Demo des „Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21“ auf dem Stuttgarter Schlossplatz.

„Oben bleiben“: die 629. Demo des „Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21“ auf dem Stuttgarter Schlossplatz.

Zum Schluss verkündet der frühere verkehrspolitische Sprecher der damaligen PDS im Bundestag, Winfried Wolf, dass in der von ihm herausgegebenen linken Quartalszeitschrift „Lunapark 21″ demnächst Erstaunliches von einem ehemaligen Bahnchef zu lesen sein werde. Der namentlich nicht Genannte habe ausgesagt, es sei bei „Stuttgart 21″ nie um einen Bahnhof, sondern um das zur Besiedlung freiwerdende Gelände gegangen. Der Verdacht: Grundstücksspekulation. Wolfs Fazit: „‚Stuttgart 21′ muss gestoppt werden. ‚Stuttgart 21′ wird nie in Betrieb gehen.“ Großer Jubel, die Sonne ist auch wieder da. „Oben bleiben!“ ist der Schlussgruß aller Redner. Ein doppeldeutiges „Kopf hoch!“ der Gegner.

Der Jahrestag des „Schwarzen Donnerstags“ steht bevor

Die Proteste haben mittlerweile ihre eigene Geschichte: Vor nunmehr zwölf Jahren, am 30. September 2010, hatte die Polizei Wasserwerfer und Pfefferspray gegen die „Stuttgart 21″-Gegner eingesetzt. Hunderte Erwachsene und Jugendliche hatten zuvor gegen das Fällen alter Baumriesen im Schlosspark demonstriert.

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„Wir sind viele, wir sind stark, Hände weg von uns‘rem Park!“ wurde gerufen, Bäume wurden erklettert, es gab Sitzblockaden, Rangeleien, ein Wagen mit Absperrgittern wurde gekapert. Und dann die durchschlagende Polizeigewalt. Die Zahl der Verletzten jenes Tages schwankt je nach Quelle zwischen 100 und 400. Das Bild des aus den Augen blutenden Ingenieurs Dietrich Wagner, der durch einen frontalen Wasserstrahl ins Gesicht nahezu erblindete, ging durch die Medien.

Der Begriff „Wutbürger“ wurde im Herbst 2010 geprägt

Viele aus dem vorwiegend bürgerlich getragenen Protest lasen aus der unverhältnismäßigen Wahl der „Waffen“ eine Absicht. „Ich hatte den Eindruck, dass die Regierung von Stefan Mappus den Protest ein für allemal beenden wollte“, erinnert sich Dieter Reicherter, Co-Sprecher des Aktionsbündnisses. Dass später gegen weit mehr Projektgegner ermittelt wurde als gegen Polizisten, machte die Sache aus der Sicht der Demonstranten nicht besser.

Und dass der Journalist Dirk Kurbjuweit nur knapp zwei Wochen nach dem Angriff auf die Versammlungsfreiheit in einem Essay für die Teilnehmer am Aktionsbündnis den Begriff „Wutbürger“ prägte, für einen Zeitgenossen, der „das Gefühl (hat), Mehrheit zu sein und die Lage besser beurteilen zu können als die Politik“, sorgte zusätzlich für Unmut. „Deutschland wird erstarren, wenn sich allerorten die Wutbürger durchsetzen“, schrieb der „Spiegel“-Kolumnist damals.

Ein Richter bekommt den Strahl eines Wasserwerfers ab

„Ich konnte den Begriff noch nie leiden. Da wird man in eine Ecke gestellt, dass man nicht rational handelt, keine Argumente hat und nur die Wut rauslässt. Ich sehe uns eher als Mutbürger“, sagt Reicherter, der vier Wochen vor dem Polizeieinsatz noch „auf der anderen Seite“ stand. „Ich war Richter aus vollem Herzen, für – auch wenn das pathetisch klingt – die Wahrheit und die Gerechtigkeit“, sagt er im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

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„Mutbürger“ statt „Wutbürger“: Den ehemaligen Richter Dieter Reicherter empörte der Polizeieinsatz am „Schwarzen Donnerstag“ 2010 gegen die Demonstranten.

„Mutbürger“ statt „Wutbürger“: Den ehemaligen Richter Dieter Reicherter empörte der Polizeieinsatz am „Schwarzen Donnerstag“ 2010 gegen die Demonstranten.

Der damals frisch pensionierte Vorsitzende Richter am Landgericht in Stuttgart war an diesem Tag in Stuttgart gewesen, um sich als Pop- und Rockfan ein paar Schallplatten zu kaufen. Und beobachte danach „aus Neugier“ von abseits auf einer Wiese aus, wie die Aktion eskalierte, bis ihn selbst der Strahl eines Wasserwerfers traf. „Ich war klatschnass und meine Plattencover total aufgeweicht“, erinnert er sich. „Ich konnte dann hinter einen Baum fliehen, mir ist nicht viel passiert. Aber eine Frau in meiner Nähe, das erfuhr ich, als ich die Sache dann später juristisch begleitete, war richtig schwer am Auge verletzt worden.“ Damals wurde in ihm ein Schalter umgelegt, der bis heute nie wieder zurückschnappte.

Nach zehn Jahren kam Reicherter an Akten, die Stefan Mappus belasten

„Es war dieses Gefühl, wie der Staat mit seinen Bürgern umgeht. Das war das Problem für mich“, sagt Reicherter. „Ich habe von meiner Warte aus keinen einzigen Demonstranten gesehen, der gewalttätig war.“ Erst im August dieses Jahres hat Reicherter nun – nach zehn Jahren juristischen Kampfes um Offenlegung – Akten bekommen, die in seinen Augen auch nicht dazu geeignet sind, sein Vertrauen in die Politik zu erneuern. Aus ihnen geht hervor, dass der damalige CDU-Landesvater Mappus 2011 versuchte, den Schlichterspruch zu „Stuttgart 21″ mit dem Schlichter Heiner Geißler vorher abzusprechen.

Parteikollege Geißler verwahrte sich dagegen, pochte auf seine Unabhängigkeit. „Wir hatten immer die Vermutung, dass da so etwas lief, hatten aber keine Beweise.“ Was Reicherter wundert: dass die grüne Regierung von Winfried Kretschmann die Papiere nicht früher offenlegte. „Wollten die Mappus schützen? Da hört‘s bei mir auf.“

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Im Thema Brandschutz sehen die Projektgegner Potenzial

Aktuell widmet der Jurist sich vorrangig dem Brandschutz bei „Stuttgart 21″. Da sieht er noch „ganz massive Probleme“. Reicherters Szenario: „Bleibt ein voll besetzter brennender ICE im Tunnel liegen, dann müssen die Leute aus dieser Röhre in die zweite Röhre – durch die Querschläge, die alle 500 Meter in den Tunnel eingebaut sind. Und in der Nachbarröhre herrscht ja auch Zugverkehr. Eine Idee von uns Gegnern zum Brandschutz ist, dass in den beiden Röhren nur ein Zug fährt – dann ginge das natürlich auf Kosten der versprochenen Leistungsfähigkeit.“

Stand der Technik, so Reicherter, sei eine Rettungsröhre zwischen den Fahrtunneln wie sie beim Eurotunnel zwischen Frankreich und England vorkommt oder derzeit in München geplant werde. In Stuttgart gebe es keinen Platz mehr dafür. Das Thema habe also Potenzial für das Aktionsbündnis.

Die „Stuttgart 21″-Macher verwahren sich: „Das Projekt ist sicher“

„Was die Projektgegner immer vergessen: Ein Zug, der durch einen unserer Tunnel fährt, hat eine Notbremsüberbrückung“, erläutert „Stuttgart 21″-Technikchef Pradel mit Bestimmtheit. „Wenn ein Zug in Brand gerät, hat ihn der Lokführer aus dem Tunnel zu fahren. Er fährt auf die freie Strecke beziehungsweise in den Hauptbahnhof. Kein Lokführer bleibt mit einem brennenden Zug im Tunnel stehen.“ Die Querschläge seien nur für den Fall da, dass ein Zug im Tunnel liegen bleibt. Dann würden die Passagiere in die Nachbarröhre verbracht. In der dann aber dank modernster Digitaltechnik längst aller Zugverkehr gestoppt sei.

Brandschutz auf bestem Stand: „Stuttgart 21“-Technikchef Michael Pradel verwahrt sich gegen entsprechende Behauptungen der Projektgegner, es fehle ein Rettungstunnel.

Brandschutz auf bestem Stand: „Stuttgart 21“-Technikchef Michael Pradel verwahrt sich gegen entsprechende Behauptungen der Projektgegner, es fehle ein Rettungstunnel.

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Man verwahre sich mit Nachdruck gegen Behauptungen, das Projekt sei beim Brandschutz nicht sicher, sagt Jörg Hamann. Für die Halle und alle zulaufenden Tunnel habe das Eisenbahnbundesamt alles geprüft und genehmigt. Auch im Tiefbahnhof sei alles auf modernstem Stand: So seien etwa Polypropylenfasern in den Beton eingebunden, die verhindern, dass bei einem Brand Betonteile abplatzen und herunterfallen könnten. Man arbeite mit den besten Brandschutzexperten in ganz Europa zusammen. Auf Grundlage hoher europäischer und nationaler Sicherheitsstandards betreibe die Bahn im deutschen Schienennetz Tunnel mit einer Gesamtlänge von rund 600 Kilometern und Tausende Bahnhöfe. Mehr sei nicht zu sagen.

Ausstellung zu „Stuttgart 21″ – Der „Schwarze Donnerstag“ fällt klein aus

Wie modern die Technik ist und welche Vorteile das kombinierte Projekt „Stuttgart 21″/Bahnstrecke Wendlingen-Ulm für Bahnnutzer hat, ist im sogenannten Info Turm Stuttgart (ITS) an Gleis 16 des Hauptbahnhofs zu erleben. Hier erklären die Träger den Interessierten das Projekt in eigener Sache – so etwa, dass die acht Gleise des neuen Durchgangsbahnhofs gegenüber den 16 Gleisen des alten Kopfbahnhofs eine deutliche Leistungssteigerung ermöglichen, weil Ein- und Ausfahrt nicht mehr wie bisher über einen fünfgleisigen „Flaschenhals“ erfolgen müssen. Dafür stehen künftig drei Gleise und somit 60 Prozent mehr zur Verfügung, so erklärt David Bösinger, Leiter der Ausstellung des Vereins Bahnprojekt Stuttgart–Ulm.

Mit einer Berührung des Touchscreens macht Bösinger die Zugtaktungsvorteile der Digitaltechnik klar. Deutschlandtakt, Fahrzeitverkürzungen – alles wird „spielerisch“ vermittelt. Ganz oben im Turm steht ein Modell des fertigen Tiefbahnhofs, der Stuttgartern aufzeigt, dass die getrennten Teile des Schlossgartens über das Dach des Bahnhofs wieder verbunden sein werden. Auch das PR-Desaster des 30. September 2010 ist – etwas klein ausgefallen – Thema einer Zeitleiste „Stuttgart 21″, die über die Treppenhäuser des Gebäudes läuft. Man wolle und dürfe das nicht verschweigen, sagt Bösinger.

Auf beiden Seiten gibt man sich siegessicher

Die „Stuttgart 21″-Macher haben für das Projekt schier Unmögliches geschafft. Sie haben Tunnel sicher und trocken durch gefährliche, bei Wasserkontakt endlos aufquellende Anhydritschichten getrieben und sogar das 15.000 Tonnen schwere Gebäude der in Teilen denkmalgeschützten ehemaligen Bahndirektion auf einen unterirdischen „Tisch“ gehoben, um talwärts strebende Tunnel darunter herführen zu können. Jetzt geht es Richtung Schlussphase, jetzt steht, so Technikchef Pradel, die Vergabe von Aufträgen für den Schlüsselfertigbau des Tiefbahnhofs bevor. Zwei Millionen Reisende mehr pro Jahr werden nach dem Start von „Stuttgart 21″ erwartet. Und im Tiefbahnhof sehen die Träger ein zukünftiges Wahrzeichen Stuttgarts, das Architekturbegeisterte aus aller Welt anlocken soll. Ende 2025 soll eröffnet werden.

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Die Gegenseite sieht das anders: „Wir werden so lange kämpfen, bis es vorbei ist“, sagt Projektgegner Reicherter.

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