Nach Tötung von Zwölfjähriger

„Moderne Form der Hexenjagd“: Kriminalbeamte verurteilen Verbreitung von Profilen der Beschuldigten

Freudenberg: Unbekannte haben am Fundort des ermordeten zwölfjährigen Mädchens Luise Blumen in den frisch gefallenen Schnee gelegt.

Freudenberg: Unbekannte haben am Fundort des ermordeten zwölfjährigen Mädchens Luise Blumen in den frisch gefallenen Schnee gelegt.

Berlin. Der Bundesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Dirk Peglow, hat davor gewarnt, Bilder, Namen oder angebliche Social-Media-Profile der mutmaßlichen Täterinnen von Freudenberg im Internet zu teilen. „Die Verbreitung von persönlichen Daten oder Bildern mutmaßlicher Beschuldigter durch private Personen in Sozialen Medien stellt eine moderne Form der Hexenjagd dar“, sagte Peglow dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Diese führe in einem sehr frühen Stadium nicht nur für die betroffenen Beschuldigten, sondern auch für deren Angehörige zu erheblichem Leid. Das halte er für sehr gefährlich.

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dpatopbilder - 14.03.2023, Nordrhein-Westfalen, Freudenberg: Blumen und Kerzen wurden am Fundort des getöteten Mädchens Luise niedergelegt. Bei der Obduktion der Leiche sind zahlreiche Messerstiche festgestellt worden. Das zwölfjährige Mädchen war am Sonntag tot in der Nähe eines Radweges auf rheinland-pfälzischem Gebiet unmittelbar an der Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen gefunden worden. Das Kind war am Samstag als vermisst gemeldet worden. Foto: Roberto Pfeil/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Wenn es Journalisten die Sprache verschlägt

Für die Tragödie von Freudenberg fehlt jeder Vergleich. Das Dilemma zwischen eigener Betroffenheit und dem Stillen des Informationsbedürfnisses ist kaum zu ertragen, schreibt Andreas Goebel, der vor Ort als Lokalredakteur arbeitet.

Nach der Tötung der zwölfjährigen Luise F. aus Freudenberg in Nordrhein-Westfalen mutmaßlich durch zwei zwölf- und 13-jährige Mädchen waren in den Sozialen Medien Namen, Bilder und Social-Media-Profile verbreitet worden, die zu den Täterinnen gehören sollen. Insbesondere auf der Kurzvideoplattform Tiktok verbreiteten Nutzerinnen und Nutzer solche Informationen.

Auf dem Profil eines der als mutmaßliche Täterinnen identifizierten Mädchen sammelten sich daraufhin entsprechende Kommentare. Auch einzelne Tiktok-Nutzer mit sehr großer Reichweite verbreiteten Informationen zur vermeintlichen Identität der Mädchen. Im Sozialen Netzwerk Twitter riefen ebenfalls Nutzerinnen und Nutzer dazu auf, Namen und Fotos der minderjährigen mutmaßlichen Täterinnen zu verbreiten.

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„Die Gefahr ist groß, dass Menschen öffentlich mit der Tat in Verbindung gebracht werden, die gar nichts mit ihr zu tun haben“, warnte der Kriminalhauptkommissar und Verbandsvorsitzende Peglow. Diese öffentlich angeprangerten Menschen liefen dann Gefahr, „verbal oder gar körperlich angegangen zu werden.“

„Da werden ja keine Faktenchecks gemacht, sondern der Leitgedanke ist oft eher: Viel Meinung und wenig Ahnung“, sagte Peglow. „In den Sozialen Medien erreicht man ohne Kenntnis der Faktenlage mit solchen Meldungen in sehr kurzer Zeit einen großen Kreis von Menschen, ohne sich darüber im Klaren zu sein, sich damit zum Beispiel wegen des Verdachts der falschen Anschuldigung selbst strafbar zu machen“, warnte der Kriminalbeamte.


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