Sicherheitspanne beim Bundeskanzler

Umringt und bewacht: wie deutsche Spitzenpolitiker geschützt werden

Immer von Personenschützern begleitet: Bundeskanzler Olaf Scholz.

Immer von Personenschützern begleitet: Bundeskanzler Olaf Scholz.

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Berlin. Hautnah an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sollte eigentlich niemand unbemerkt herankommen. In Frankfurt am Main ist genau das jetzt aber passiert: Ein Autofahrer konnte sich am Mittwoch in den Konvoi des Kanzlers einreihen, mit auf das Gelände des Frankfurter Flughafens fahren und ihn dort sogar umarmen, bevor die anwesenden Personenschützer eingreifen konnten. Eigentlich gilt für Olaf Scholz die höchste Sicherheitsstufe.

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Wie gut deutsche Spitzenpolitikerinnen und -politiker geschützt werden, war zuletzt wegen einer Gruppe aus Reichsbürgern und Verschwörungsideologen in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt: Sie wollten laut Anklage Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) entführen, die Bundesregierung stürzen und einen Staatsstreich anzetteln. Seit diesem Monat steht die Gruppe deshalb in Koblenz vor Gericht. Die Pläne der Gruppe gelten als völlig unrealistisch – die Gefahr von Gewalttaten aus diesem politischen Spektrum allerdings als hoch. Nicht nur deshalb gelten hohe Sicherheitsvorkehrungen für das Spitzenpersonal. So ist ihr Schutz organisiert:

Karl Lauterbach rund um die Uhr bewacht

Karl Lauterbach gehört mittlerweile zu den am besten geschützten Menschen in Deutschland. „Ich habe ja die höchste Sicherheitsstufe überhaupt“, sagte der Minister kürzlich in einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“. Das bedeutet: Lauterbach ist nie allein unterwegs, sondern wird rund um die Uhr von Personenschützern begleitet. „Wenn ich privat unterwegs bin, zum Beispiel essen gehe, dann kommt vorher mein Personenschützer“, sagte Lauterbach.

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Elisabeth R. wird von Polizisten abgeführt.

Geplante Lauterbach-Entführung: Einblicke in die Gedankenwelt der Verschwörer

Am Mittwoch beginnt in Koblenz der Prozess gegen die „Vereinten Patrioten“: Vier Männer und eine Frau, die die Regierung stürzen und das Kaiserreich zurück wollten – mit Gewalt. Einblicke in interne Chats und eine bizarre Gedankenwelt aus Terrorplänen, Rechtsextremismus und Verschwörungsphantasien.

Solche strengen Sicherheitsvorkehrungen gelten für den Bundeskanzler, den Bundespräsidenten und mehrere besonders gefährdete Ministerinnen und Minister. Auch Innenministerin Nancy Faeser (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) oder Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) trifft man beispielsweise nie allein auf der Straße. Manch andere Mitglieder des Bundeskabinetts werden dagegen nur anlassbezogen von bewaffneten Personenschützern begleitet und bewegen sich auch auf Auslandsreisen ohne mitreisendes Sicherheitspersonal.

Geplante Lauterbach-Entführung: Prozess gegen „Vereinte Patrioten“ hat begonnen
17.05.2023, Rheinland-Pfalz, Koblenz: Die Rechtsanwälte Philipp Grassl (r) und Stefan Schmidt geben am Ende des ersten Verhandlungstages gegen Mitglieder der Gruppierung «Vereinte Patrioten» am Oberlandesgericht Interviews. Den Angeklagten wird vorgeworfen, eine inländische terroristische Vereinigung gegründet zu haben oder darin Mitglied gewesen zu sein. Sie sollen unter anderem geplant haben, Bundesgesundheitsminister Lauterbach zu entführen. Foto: Thomas Frey/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Vor dem Oberlandesgericht in Koblenz hat am Mittwoch der Prozess gegen mutmaßliche Mitglieder der Gruppe „Vereinte Patrioten“ begonnen.

Bewaffnet und mit wachsamen Augen

Die Männer und Frauen, die Bundespolitikerinnen und -politiker wie Scholz, Lauterbach oder Faeser auf Schritt und Tritt begleiten, sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der zuletzt rund 500-köpfigen Sicherungsgruppe des Bundeskriminalamts (BKA). Bei Pressekonferenzen und Veranstaltungen sind sie häufig am Rand eines Raumes und vor der Tür zu sehen – meist in schlichten dunklen Anzügen und stets mit wachsamen, durch den Raum wandernden Augen, sowie mit kaum sichtbaren Mikrofonen und Mini-Kopfhörern versehen, um bei Bedarf mit Kollegen kommunizieren zu können.

Wenn besonders geschützte Politiker wie der Bundeskanzler bei Veranstaltungen auftauchen, haben ihre Personenschützer die Räume in der Regel längst genau begutachtet und mögliche Fluchtrouten geplant, für den Fall, dass es zu einem sicherheitsrelevanten Vorfall kommt. Häufig kommen dabei auch Sprengstoffspürhunde zum Einsatz.

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Auch manche Abgeordnete werden von Personenschützern begleitet

Das BKA ist für den Schutz aller Verfassungsorgane des Bundes verantwortlich, vor allem also für die Sicherheit des Bundespräsidenten und der Bundesregierung, des Bundestages, des Bundesrates und des Bundesverfassungsgerichts. Auch einige Bundestagsabgeordnete werden von BKA-Personenschützern begleitet. Eine davon war zumindest früher Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau von der Linken – wohl wegen ihres Engagements gegen Rechtsextremismus. Den heutigen Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir haben sowohl deutsche Rechtsextremisten als auch türkische Nationalisten im Visier.

Der Entscheidung, welcher Politiker Personenschutz erhält, und welche Maßnahmen getroffen werden, basiert auf Gefährdungsanalysen des BKA. So erhalten einzelne Abgeordnete, die besonders im Fokus der Öffentlichkeit stehen und auch ins Visier gewaltbereiter Extremisten geraten, einen deutlich umfassenderen Schutz als die Mehrheit der Parlamentarier, die sich ohne besondere Schutzmaßnahmen durch ihren Alltag bewegen.

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Bei Regierungschefs und Ministerinnen auf Länderebene sind die jeweiligen Landeskriminalämter für die Schutzmaßnahmen zuständig. Neben Politikerinnen und Politikern werden überdies die Chefs mehrerer Sicherheitsbehörden und Nachrichtendienste auf Schritt und Tritt von Personenschützern begleitet.

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