Neues Zukunftszentrum in Halle: Für die gelebte Einheit braucht es mehr
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/SQFSA4BV25D2HLJCFFMA3ZWOME.jpeg)
ARCHIV - 08.09.2022, Sachsen, Leipzig: Ein so genannter Zukunftszug fährt in den Leipziger Hauptbahnhof ein. Der Zug ist Teil der Bewerbung der beiden Städte Leipzig und Plauen um das «Zukunftszentrums» zur Deutschen Einheit und Europäischen Transformation. (zu dpa: «Entscheidung über Zukunftszentrums Deutsche Einheit») Foto: Jan Woitas/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
© Quelle: Jan Woitas/dpa
Mit der Deutschen Einheit ist es bisweilen seltsam. Je länger die Ost- und die Westdeutschen wieder unter demselben staatlichen Dach leben, desto fremder werden sie sich – so scheint es jedenfalls. Der Staat in der Mitte Europas wirkt wie ein Haus mit zwei Wohnungen. Egal, ob während der Flüchtlingskrise, beim Umgang mit der Corona-Pandemie oder dem russischen Angriff auf die Ukraine: Verlässlich schlagen die Meinungsumfragen unterschiedlich aus. Auch das Wahlverhalten und die Daten zur Sozialstruktur belegen: Das Zusammenwachsen ist mühsam.
Ob das Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation daran etwas ändern wird? Da darf man Zweifel haben. Zwar herrscht in Halle verständlicherweise Begeisterung. Der Bürgermeister begrüßt „eine der größten Einzelinvestitionen in der Stadt seit der Wiedervereinigung“. Baukosten von 200 Millionen Euro, jährliche Zuschüsse von 40 Millionen Euro, dazu 200 vermutlich gut dotierte Jobs – das ist schon was.
Westdeutschland ist bei der Einheit nie Thema, sondern nur Maßstab
Freilich besteht abermals die Gefahr, dass Einheit gesagt wird, aber allein Ostdeutschland gemeint ist. Damit würde sich der seit 1989 offensichtliche Webfehler wiederholen. So war der Westen in den Jahresberichten zur Deutschen Einheit nie Thema. Er war nur Maßstab. Bei den einschlägigen Bundestagsdebatten sind Ostdeutsche meist unter sich. Das Verrückte ist: Alle halten das für normal.
Eine Chance liegt in der Absicht, die Perspektive auf Europa – gemeint ist: Osteuropa – zu weiten. Tatsächlich könnten etwa die Differenzen über die richtige Antwort auf den Ukraine-Krieg kaum größer sein als zwischen Ostdeutschland und Polen. Auch hier gibt es Klüfte, die zu überwinden sind.