Versamlungen in Corona-Zeiten
Kreis und Polizei informieren über rechtliche Bestimmungen

„Immer wieder werden in diesen Tagen im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Corona-Pandemie und den beschlossenen Einschränkungen auch absurde Vorwürfe laut, Deutschland sei keine Demokratie mehr, sondern entwickle sich hin zu einer Diktatur“, sagt Landrat Stolz. Bestes Argument dafür, dass dies völlig haltlose Vorwürfe sind, sei das Versammlungsrecht. Denn das regle solche Zusammenkünfte, die dazu gedacht sind, dass Bürger ihre Grundrechte ausüben können, sehr genau. „Dazu gehört auch, dass die Polizei informiert wird, damit sie zum Beispiel den öffentlichen Verkehrsraum entsprechend absichern kann“, verdeutlicht Marc Blume, Leiter der Führungsgruppe der Polizeidirektion Main-Kinzig. „Es geht hier nicht darum, dass wir etwas verhindern wollen. Im Gegenteil, die Bürger sollen ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ausüben können, jedoch im Einklang mit den geltenden Vorschriften.“
Die Polizei muss auf Zusammenkünfte, die nicht oder nur teilweise ordnungsgemäß angemeldet worden sind, reagieren und Anzeigen erstatten. Das komme immer wieder vor, zumeist in den kommunalen Bereichen Umwelt, Verkehrswege oder wenn es um Bauvorhaben gehe. Versammlungen unter freiem Himmel müssen grundsätzlich angemeldet werden, und zwar 48 Stunden vor Bekanntgabe der Versammlung. Zuständig dafür sind die Versammlungsbehörden. Bei Kommunen bis maximal 7.500 Einwohnern ist das die Versammlungsbehörde des Main-Kinzig-Kreises, bei größeren Kommunen die Stadt- oder Gemeindeverwaltung.
Um allen Beteiligten ein unangenehmes Strafverfahren zu ersparen, das bei wiederholten Verstößen gegen das Versammlungsrecht auch Geldbußen und sogar Haftstrafen nach sich ziehen könne, setzen Polizei und Kreis auf Aufklärung. Denn das Argument, es handle sich um eine „Spontan-Demonstration“ oder eine „Eilversammlung“ und deshalb sei eine Anmeldung nicht erforderlich, treffe in den allermeisten Fällen nicht zu. Die Polizei prüfe dann, ob die Angaben schlüssig sind.
So sei es bei einer spontanen Sofortversammlung eher unüblich, dass die Teilnehmer Plakate und Schilder mit sich führen. Das lasse eher Rückschlüsse auf eine geplante Zusammenkunft zu, sagt Blume. Und dann gebe es auch keinen Veranstalter. „Diese Zusammenkünfte entstehen aus dem Moment heraus, als unmittelbare Reaktion auf einen Anlass.“
Bei Eilversammlungen hingegen gehe es lediglich darum, dass die Anmeldefrist verkürzt werden kann, um schnell auf Ereignisse reagieren zu können. Hier gebe es jedoch in der Regel einen Veranstalter, und die Entscheidung, sich zu versammeln, falle nicht unmittelbar mit der Versammlung zusammen. Wie Silvio Franke-Kißner, Leiter des Amtes für Sicherheit, Ordnung, Migration und Integration, erläutert, liegt der Schwerpunkt des Versammlungsgeschehens in den Städten und wird dort von den örtlichen Ordnungsbehörden und der Polizei begleitet. „Die Corona-Verordnungen ersetzen nicht das Versammlungsrecht. Hier ist eine Abwägung zwischen Versammlungsfreiheit und dem Schutz der Gesundheit erforderlich, da gleichrangige Verfassungsnormen miteinander kollidieren“, so Franke-Kißner.
Marc Blume ermuntert derweil alle Interessierten dazu, einen Blick in die Demo-Fibel „Demonstrieren und richtig versammeln leicht gemacht“ zu werfen. Diese gebe Bürgern leicht verständlich einen Überblick darüber, was sie bei der Planung von Demonstrationen oder anderen Zusammenkünften beachten müssen. Weitere Informationen zur Fibel gibt es in den Polizeidienststellen. „Um es noch einmal klar zu sagen: In einer Diktatur gibt es solche Anleitungen ganz sicherlich nicht“, betont der Landrat abschließend.