Um sich den Urlaub leisten zu können: Jeder zweite Deutsche schränkt sich im Alltag ein
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Trotz aller Krisen wollen Deutsche auch 2023 auf Reisen nicht verzichten.
© Quelle: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbil
Hohe Energiepreise, Inflation und ein Krieg in Europa können die Deutschen nicht vom Reisen abhalten. Ganz im Gegenteil. Das geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Tourismusanalyse der Stiftung für Zukunftsfragen hervor. Für das Jahr 2023 haben bereits jetzt 60 Prozent der Deutschen eine oder mehrere Urlaubsreisen geplant.
Zum Vergleich: Im Vorkrisenjahr 2019 planten 61 Prozent eine mindestens fünftägige Reise. „Ich bin optimistisch, dass wir den Wert von 2019 fast wieder erreichen können“, sagt Ulrich Reinhardt, wissenschaftlicher Leiter der Stiftung. „Der Reiseweltmeister Deutschland meldet sich eindrucksvoll zurück.“
Nur 20 Prozent der Deutschen gaben an, in diesem Jahr nicht verreisen zu wollen. Weitere 20 Prozent sind noch unsicher.
Diese Reiseziele sind 2023 besonders beliebt
Bei den beliebtesten Reisezielen steht auch 2023 wieder Deutschland ganz oben. Dem Ergebnis der Studie zufolge planen 28 Prozent der Deutschen, Urlaub im eigenen Land zu machen. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl allerdings um rund 10 Prozent zurückgegangen.
Das heißt: Es zieht wieder mehr Menschen über die Landesgrenzen. Und so steht auch das europäische Ausland wieder hoch im Kurs. 8 Prozent gaben im Rahmen der Studie an, in diesem Jahr Urlaub in Spanien zu machen. 7 Prozent reisen 2023 nach Italien, 4 Prozent in die Türkei und ebenso viele nach Griechenland. Zu den Gewinnern zählen in diesem Jahr auch weiter entfernte Ziele: 16 Prozent der Deutschen gaben an, in diesem Jahr eine Fernreise zu machen.
Österreich hingegen zählt zu den Verlierern der Tourismusstudie. Während das Land in der Vergangenheit mit zu den beliebtesten Reisezielen gehörte, wollen 2023 nur 2 Prozent der Deutschen nach Österreich reisen.
Für die Reisekasse schränken sich 53 Prozent im Alltag ein
Um sich den geplanten Urlaub leisten zu können, müssen sich allerdings viele Menschen im Alltag einschränken. 53 Prozent der Befragten gaben gegenüber der Stiftung für Zukunftsfragen an, etwa seltener auszugehen und Anschaffungen zu verschieben, um nicht auf ihre Urlaubsreise verzichten zu müssen. Besonders hoch ist der Anteil mit 65 Prozent bei der Altersgruppe zwischen 18 und 34 Jahren.
Auch bei der Buchung und im Urlaub achten die Deutschen auf ihre Ausgaben. 69 Prozent der Deutschen verreisen in der Nebensaison, 63 Prozent wählen ein preiswertes Urlaubsziel und 61 Prozent machen bei der Unterkunft Abstriche. Vor Ort wollen viele Urlauberinnen und Urlauber weniger Souvenirs kaufen (73 Prozent), seltener in Restaurants essen (54 Prozent), weniger Ausflüge machen (43 Prozent) und/oder weniger Trinkgeld geben (40 Prozent).
In Krisenzeiten ist Urlaub für Menschen wichtiger denn je
Die Liste an Einschränkungen ist lang. Doch warum verzichten die Deutschen in finanziell schwierigen Zeiten nicht einfach auf den Urlaub? Reinhardts Antwort auf diese Frage: Die Menschen suchen nach „einem Kontrast zum Alltag“, so der Zukunftsforscher. „Je stressiger, sorgenvoller, fremdbestimmter und monotoner der Alltag ist, desto größer werden eben die Anforderungen an den Urlaub.“ Dieser solle im Gegensatz zu den Tagen voller Sorge zu Hause für Unbeschwertheit, Abwechslung, Erholung und Spaß sorgen.
Reisejahr 2022: „Noch nie wurde mehr Geld fürs Verreisen ausgegeben“
Und so war die Reiselust bereits im vergangenen Jahr hoch. Trotz oder gerade wegen des Ausbruchs des Kriegs in der Ukraine. 2022 machten der Umfrage zufolge 58 Prozent der Deutschen eine mindestens fünftägige Reise. Mit durchschnittlich 13 Tagen blieben die Reisenden knapp zwei Tage länger am Urlaubsort als im Jahr zuvor (2021: 11,2 Tage).
Zu den beliebtesten Reisezielen zählten neben Deutschland (40,6 Prozent!) wie im Jahr 2023 Spanien, Italien und die Türkei. Auch Fernreisen erlebten nach dem Ende der meisten Corona-Beschränkungen ein Comeback. Wie aus der Studie hervorgeht, machten sich 13 Prozent der Deutschen auf zu weit entfernten Reisezielen.
Besonders überraschend: die Höhe der durchschnittlichen Urlaubsausgaben. Wie aus der Studie hervorgeht, gaben Reisende im vergangenen Jahr durchschnittlich 1350 Euro pro Kopf für ihren Haupturlaub aus. Im Jahr 2021 lagen die Kosten noch bei rund 1100 Euro. Zu erklären ist der hohe Preis mit der längeren Urlaubsdauer und den gestiegenen Kosten pro Urlaubstag: durchschnittlich 106 Euro kostete ein Tag im Jahr 2022, im Vorjahr waren es 98 Euro. „Noch nie in der Geschichte der Tourismusanalyse wurde mehr Geld fürs Verreisen ausgegeben als im letzten Jahr“, so Reinhardts Fazit.