Die erste Person, die im Main-Kinzig-Kreis nachweislich mit dem Coronavirus infiziert ist, wohnt in Hanau. Viele Fragen tauchen im Frühjahr 2020 auf. Der Main-Kinzig-Kreis beantwortet sie seit vergangenem März täglich am Bürgertelefon. Auf bestimmte Fragen gibt es zu dem frühen Zeitpunkt keine abschließenden Antworten: Wie findet die Übertragung statt? Wie hoch ist die Dunkelziffer? Ist das Virus für alle Altersgruppen gleichermaßen gefährlich? Wie sinnvoll ist es, Privatkontakte drastisch zu reduzieren? Was ist mit Schul- und Kitakindern?
„Wir sind mit dem Verwaltungsstab von Beginn an immer fachlich geleitet vorgegangen, aber haben auch eher auf Nummer sicher gesetzt. Niemand konnte im März 2020 die Frage beantworten, wie bedrohlich das Virus sein würde, keiner hatte ein Patentrezept in der Schublade, wie mit all den Fragen umzugehen war“, blickt Landrat Stolz zurück. Erst nach und nach sei deutlich geworden, dass es in dieser ersten Phase vor allem ältere Menschen sein würden, die ein hohes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben. „Aber kein Bereich der Gesellschaft ist vor einer Virusübertragung gefeit, weder die Schulen und Kitas noch die Heime, auch nicht die Arbeitsorte, vor allem nicht der private und familiäre Bereich. Das war in der ersten Welle schon so, und leider ist das bis heute so, wenn auch die Impfungen daran viel zu ändern vermögen. Das ist die Hoffnung für uns alle und auch ein gewichtiger Grund für Zuversicht.“ Wenn Gesundheitsdezernentin Susanne Simmler an den ersten Fall vor einem Jahr denkt, fällt ihr der Anruf einer Hanauer Bürgerin ein. „Wo wohnt dieser erste Fall, und wer ist das genau? Das muss die Öffentlichkeit doch vom Gesundheitsamt wissen, um dem Virus aus dem Weg gehen zu können! Diese Erwartung war vor einem Jahr ziemlich verbreitet“, erinnert sie sich. „Dahinter steckt ein nachvollziehbarer Wunsch. Wir hätten unseren liebgewonnenen Alltag gerne alle fortgesetzt und das Virus auf kleinste Radien begrenzt. Aber als sich dann die Fälle aus den Wintersportregionen, vor allem aus Ischgl, massiv häuften, auch die Ansteckungen, die dann überall innerhalb der Region nachgewiesen werden konnten, da war schnell klar, dass das nicht mehr geht.“
Das Gesundheitsamt und alle damit verbundenen Ämter mussten sich auf eine breitangelegte Pandemie-Bewältigung einstellen. „Es ist, bei aller Kritik, die wir manchmal einstecken müssen, eine gute Leistung, dass Bürger, Verwaltungen der Städte und Gemeinden, Hilfsverbände, Unternehmen und der Kreis eng zusammenarbeiten“, lobt Simmler.
Der Bereich Hygiene im Gesundheitsamt, bis vor einem Jahr noch mit 17 Personen besetzt, wächst zunächst auf bis zu 150 Personen an. Das Ziel: Kontakte nachverfolgen. Innerhalb des Amts bilden sich Fachteams: für Heime, Schulen, Arztpraxen. Zunächst wird das Personal aus allen Verwaltungsteilen zusammengezogen, nach und nach werden sie durch neu angeworbene Kräfte ersetzt. „Die Pandemie hat uns immer wieder an Grenzen geführt. Ich denke zu Beginn vor allem an die Organisation von Schutzausrüstung, dann an technische und digitale Hilfsmittel im Gesundheitsamt, an die Unterstützung der Pflegeheime oder die Organisation von Schnelltestmöglichkeiten – alles Dinge, die wir vor Ort entscheiden können“, so Simmler. Neue digitale Instrumente sind hinzugekommen, als einziger hessischer Landkreis bietet der Main-Kinzig-Kreis eine App an, die die Kontaktpersonennachverfolgung vereinfacht und Daten von Kontakten direkt in die Systeme des Gesundheitsamtes einspielt, um so die Zettelwirtschaft zu beenden.