Die Verunsicherung ist groß

Übernahme der Credit Suisse: die Schweizer Hauruckaktion

Die Logos der Schweizer Banken Credit Suisse und UBS.

Die Logos der Schweizer Banken Credit Suisse und UBS.

Frankfurt am Main. Die Aktien der Commerzbank verloren am Montagvormittag zeitweise 8,5 Prozent, bei der Deutschen Bank waren es sogar fast 11 Prozent. Der Einbruch der Papiere zeigt, wie groß derzeit die Verunsicherung im Finanzsektor ist, obwohl am Sonntagabend in einer Hauruckaktion mit der Übernahme der schwer angeschlagenen Credit Suisse durch die UBS eigentlich die Lage beruhigt werden sollte. Forderungen nach einer strengeren Kontrolle auch der hiesigen Geldinstitute werden nun laut.

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Am Sonntagabend wurde nach langen Verhandlungen ein riesiges Rettungspaket geschnürt. Die UBS muss für die Übernahme der 167 Jahre alten Rivalin lediglich 3 Milliarden Schweizer Franken (etwas mehr als 3 Milliarden Euro) in Aktien zahlen. Zugleich will das Geldhaus für Verluste der Credit Suisse (CS) in Höhe von etwa 5 Milliarden Franken geradestehen.

Die Notübernahme, die eine CS-Pleite verhindern soll, wird flankiert durch staatliche Garantien bei eventuellen zusätzlichen Verlusten von bis zu 9 Milliarden Franken. Zudem stehen Liquiditätshilfen durch den Staat (maximal 200 Milliarden) und mögliche Darlehen der Schweizer Nationalbank (SNB) von 100 Milliarden zur Verfügung.

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Flankierend haben die Notenbanken der USA, der Euro-Zone (EZB) sowie von Großbritannien, Kanada und Japan in einer konzertierten Aktion vereinbart, der Finanzbranche zusätzliche flüssige Mittel in Dollar zur Verfügung zu stellen. Das alles soll helfen, die Finanzmärkte zu beruhigen und eine neue globale Finanzkrise zu verhindern. Eine entscheidende Rolle spielt dabei, dass die CS eine der 30 global systemrelevanten Banken ist, da sie durch gegenseitige Geschäfte mit zahlreichen Geldhäusern in aller Welt vernetzt ist.

Diese Rettung schafft neue Probleme. Mit dieser Fusion zweier Banken, die schon zuvor systemrelevant waren, erhalten wir einen noch größeren Akteur, der erst recht nicht pleitegehen darf.

Gerhard Schick,

Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende

Instabile Finanzmärkte

Durch die Fusion entsteht ein neuer Gigant, dessen Bilanzsumme bei mehr als 1500 Milliarden Euro liegt. Zum Vergleich: Die Ausgaben des öffentlichen Gesamthaushalts von Deutschland (Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherung) betrug in den ersten neun Monaten von 2022 rund 1300 Milliarden Euro. Für Gerhard Schick, Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende, steht fest: „Diese Rettung schafft neue Probleme. Mit dieser Fusion zweier Banken, die schon zuvor systemrelevant waren, erhalten wir einen noch größeren Akteur, der erst recht nicht pleitegehen darf. Diese Lösung ist nicht nachhaltig und verschärft das Too-Big-To-Fail-Problem nur noch.“

EZB-Präsidentin Christine Lagarde sagte hingegen, das Rettungskonzept sei maßgeblich zur „Gewährleistung der Finanzstabilität“. Und ein Sprecher der Bundesregierung betonte, das hiesige Bankensystem sei „gut aufgestellt und nicht gefährdet“.

Schick betont hingegen: „Die Wochenend-Not-Fusion zeigt, wie instabil die Finanzmärkte sind.“ Das Scheitern der Credit Suisse sei ein Weckruf. Er fordert: „Wir brauchen viel höhere Kapitalpuffer bei Banken, eine europäische Abwicklungs- und Einlagensicherungsbehörde mit deutlich mehr Befugnissen und eine Trennung von Geschäftsbanken und Investmentbanking, damit wir nicht ständig in diese Notsituationen geraten.“

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Die Skepsis über die aktuelle Gesundheit des Bankensektors ist unter Finanzprofis ebenfalls groß, auch weil die Schweizer Finanzaufsicht beschlossen hat, dass die Gläubiger und Gläubigerinnen von CS-Schuldscheinen verliehenes Geld in Höhe von insgesamt 16 Milliarden Franken komplett abschreiben müssen. Es handelt sich dabei um sogenannte AT1-Anleihen, die nach der Finanzkrise des Jahres 2008 eingeführt wurden. Diese Papiere sollten dazu dienen, dass angeschlagene Finanzinstitute sich am Markt schnell und unkompliziert Liquidität beschaffen können – ohne staatliche Unterstützung anzapfen zu müssen.

Die Notierungen für AT1-Anleihen brachen am Montag weltweit ein. Was einleuchtend ist, da Anleger und Anlegerinnen nun befürchten, dass sie auch im Falle einer weiteren Bankpleite leer ausgehen. Laut der Finanznachrichtenagentur Bloomberg gehen Insider und Insiderinnen davon aus, dass der Markt für diese spezielle Form von Anleihen nun quasi eingefroren wird. Banken werde damit eine wichtige Finanzierungsquelle genommen, und die Kosten für die Beschaffung von Kapital würden in die Höhe schnellen, was kontraproduktiv bei der Bekämpfung der Bankenkrise wirke.

Notverkauf der Credit Suisse beunruhigt Dax-Anleger
Credit Suisse - UBS Illustration Credit Suisse logo displayed on mobile with UBS seen in the background. On 19 March 2023 in Brussels, Belgium. Photo illustration by Jonathan Raa/NurPhoto Brussels Belgium PUBLICATIONxNOTxINxFRA Copyright: xJonathanxRaax originalFilename: raa-creditsu230319_npayK.jpg

Der Notverkauf der angeschlagenen Schweizer Großbank Credit Suisse an den Rivalen UBS macht Dax-Anleger zum Wochenauftakt nervös.

Senkt die US-Notenbank nun die Zinsen?

Laut Bloomberg prüfen unter anderem bereits die Juristinnen und Juristen der US-Investmentbank Goldman Sachs rechtliche Schritte gegen die Schweizer Behörden. Ihr Hauptargument: Es könne nicht sein, dass Anleihegläubiger schlechter behandelt werden als CS-Aktionäre, die ja durch die Übernahme in Höhe der 3 Milliarden Franken quasi entschädigt werden. Welche Finanzunternehmen es nun mit den mutmaßlich wertlos gewordenen Papieren zu tun haben, war am Montag noch nicht zu überblicken. Die Deutsche Bank jedenfalls teilte mit, sie sei bei den AT1-Anleihen der Credit Suisse „nahezu null“ engagiert.

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Ein weiterer Unsicherheitsfaktor sind Geldhäuser in den USA. Dort war die Krise ausgelöst worden, als Anfang März zwei regionale Institute – die Silicon Valley Bank und die Signature Bank – in die Insolvenz gerutscht waren. Der Grund: Die heftigen Zinserhöhungen in den USA, wodurch die Kurse für Staatsanleihen in den Keller gingen. Das hat Anlegerinnen und Anleger nervös gemacht. Kunden und Kundinnen begannen ihr Geld abzuziehen, was die Banken dazu zwang, von ihnen gehaltene Staatsanleihen mit massiven Verlusten zu verkaufen. Die Meldungen aus den USA sorgten auch in Europa für Aufregung. Und die Credit Suisse litt ohnehin schon seit geraumer Zeit unter einem notorischen Abfluss von Anlegerkapital, was wiederum nur ein Aspekt der langen Krise des Züricher Traditionshauses ist, das seit Jahren von Skandalen und Missmanagement durchgeschüttelt wird.

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Derweil hat sich die Lage in den USA keineswegs beruhigt. Im Fokus steht nun die First Republic Bank. Zwar haben mehrere große Geldhäuser der First Republic 30 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt. Aber die Ratingagentur S&P hat dennoch deren Bewertung am Wochenende wegen schwacher Zahlungsfähigkeit herabgestuft.

Was tun? Anleger und Anlegerinnen schauen nun mit großer Spannung auf die Fed-Sitzung am Mittwoch. Die einst geplante, weitere kräftige Erhöhung der Leitzinsen gilt inzwischen als höchst unwahrscheinlich, weil dies die Probleme von Banken noch stärker verschärfen könnte. Manche Beobachter und Beobachterinnen rechnen inzwischen sogar mit Zinssenkungen. Genau dies beflügelte am Montagnachmittag den Deutschen Aktienindex, der am späten Nachtmittag fast ein Prozent im Plus war. Auch die Papiere der Coba und der Deutschen Bank konnten ihre Verluste eingrenzen.

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