Saisonarbeitskräfte in Deutschland zu schlecht geschützt: EU-Kommission setzt Ultimatum
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Ob zum Spargelstechen, zur Erdbeerernte oder zur Weinlese – Saisonarbeitskräfte bleiben eine wichtige Stütze der deutschen Landwirtschaft.
© Quelle: Christian Charisius/dpa
Berlin. Damit Spargel, Erdbeeren oder Gurken auf deutschen Tellern landen, werden auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Saisonkräfte aus dem Ausland erwartet. Die sind nach Ansicht der EU-Kommission allerdings nicht hinreichend geschützt. Wie die Kommission nun mitteilt, ist gegen zehn Staaten ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet worden, weil sie Bestimmungen einer Richtlinie über Saisonkräfte nicht ordnungsgemäß umgesetzt hätten.
Die Einhaltung der EU-Regeln zum Schutz von Saisonarbeitern sei eine wichtige Voraussetzung für das erfolgreiche Anwerben benötigter Arbeitskräfte und könne auch zur Verringerung der irregulären Migration beitragen, so die Kommission.
Deutschland hat zwei Monate Zeit, um zu reagieren
Eines der Länder, die Brüssel dabei in den Blick nimmt, ist Deutschland. Auch Belgien, Italien oder Griechenland sieht die Kommission in der Pflicht, nachzubessern. Zwei Monate hat Deutschland nun Zeit, um auf die Beanstandungen zu reagieren. Es ist die erste Stufe eines dreistufigen Verfahrens, an dessen Ende der Gang vor den Europäischen Gerichtshof stehen könne.
Das passierte beispielsweise erst kürzlich, als Deutschland der Hinweisgeber-Richtlinie nicht nachkam – Stichwort Whistleblower-Gesetz. Darüber, um welche Verletzungen es genau geht, machte die Kommission in der Mitteilung keine Angaben.
Situation der Saisonarbeiter schon länger in der Kritik
Es ist jedoch nicht das erste Mal, dass die Situation der Saisonkräfte in Deutschland in der Kritik steht. Opposition und Gewerkschafter bemängeln schon länger einen unzureichenden Gesundheitsschutz für Erntehelfer. Oftmals werden für Saisonarbeiter private Gruppenversicherungen abgeschlossen, die allerdings viele Leistungen nicht enthalten.
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Eigentlich hat sich die Ampelkoalition vorgenommen, für Saisonbeschäftigte für den „vollen Krankenversicherungsschutz ab dem ersten Tag“ zu sorgen. So zumindest steht es im Koalitionsvertrag. Passiert ist das bisher jedoch noch nicht. Die stellvertretende Linken-Fraktionsvorsitzende Susanne Ferschl warf den Ampelparteien eine „Verzögerungstaktik“ vor. „Dieses unwürdige Spiel auf dem Rücken der Saisonbeschäftigten, die so oder so häufig von ausbeuterischen Arbeitsbedingungen betroffen sind, muss beendet werden“, sagte sie kürzlich dem RND.
Gewerkschaft will mehr Kontrollen auf den Feldern
Auch die Industriegewerkschaft Bauen – Agrar – Umwelt (IG Bau) pocht auf eine baldige Umsetzung. Saisonarbeitskräfte müssten zuallererst eine ordentliche Krankenversicherung bekommen, sagte der stellvertretende Vorsitzende Harald Schaum dem RND. „Die jetzt angewandte Gruppenversicherung ist nicht ausreichend, da bleiben im Krankheitsfall oftmals sehr hohe Kosten bei den Beschäftigten hängen“, so Schaum.
Auch würden die Arbeitszeiten häufig nur sehr undurchsichtig dokumentiert, Überstunden nicht bezahlt oder es werde nach Akkord abgerechnet. „Ebenso wird über horrende Mieten berichtet, werden Arbeitsmaterialien in Rechnung gestellt“, so der IG-Bau-Vize. Das müsse endlich aufhören, „deshalb braucht es auch noch viel mehr Kontrollen auf den Feldern“.
Mit dpa-Material