100-jähriges Jubiläum

Skihersteller aus Straubing: Warum Völkl trotz Pandemie, Energiekrise und Klimawandel Erfolge feiert

Der Wintereinbruch auch in deutschen Skigebieten rettet wohl die Saison.

Der Wintereinbruch auch in deutschen Skigebieten rettet wohl die Saison.

Straubing. Es ist fast so, als hätte der Klimagott angesichts des hundertjährigen Jubiläums von Völkl ein Einsehen gehabt. Denn mittlerweile liegt in den Skigebieten auch der bayerischen Alpen Schnee. Jonathan Wiant atmet auf. „Erfreulicherweise haben der Wintereinbruch und Schneefall schon Anfang Dezember dazu beigetragen, Verbraucher in Deutschland und Mitteleuropa zum Kauf einer Skiausrüstung zu animieren“, sagt der Manager.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Wiant ist Markenchef des Dreigestirns Völkl, Marker und Dalbello, das Skier, Bindungen und Skischuhe fertigt und unter dem Dach der Elevate Outdoor Collective aus den USA arbeitet. Seit Jahren schon ist Völkl Teil des US-Konzerns. Produziert wird aber weiterhin in Straubing.

Die Niederbayern, die 1923 mit dem Herstellen von Skiern begonnen haben, sind damit ein Unikum. Denn sonst produziert die Branche weitgehend in Fernost. Was lange anachronistisch aussah, ist in Zeiten abreißender Lieferketten ein Vorteil – die Produktion nahe am Verbraucher.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Zwar waren auch die Straubinger von zwei Pandemiejahren mit leeren Pisten und stillstehenden Liften betroffen. „Insgesamt hat Völkl aber keine allzu großen Verluste aufgrund der zweijährigen Pandemie hinnehmen müssen“, betont Wiant. Angesichts eines branchenweiten Absatzeinbruchs von gut einem Drittel allein im Jahr 2020 ist das ein großer Erfolg.

Völkl selbst ist mit Zahlen zurückhaltend. Als im weiteren Verlauf der Pandemie plötzlich Tourenskier gefragt waren, konnte man durch die Fabrik in Straubing rasch auf die neue Nachfrage reagieren und größere Einbrüche verhindern. 2022 kam dann etwas, das der Völkl-Markenchef einen Bumerangeffekt nennt. „Einzelhändler haben zum Teil sehr viel Material geordert“, beschreibt er das Vorjahr.

Bestandsgarantie für die Skifabrik in Straubing

Die jetzige Rückkehr des Winters lässt auch die europäische Branche aufatmen. „Die Wintersaison läuft eigentlich ganz ordentlich“, findet Stefan Herzog. Schon vor Weihnachten habe man alle Kategorien gut abverkauft, freut sich der Präsident des Verbands Deutscher Sportfachhandel (VDS). Bis Saisonende zu Ostern gehe die Branche von einer weiteren Erholung der Skiabsätze auf das Niveau von vor der Pandemie aus. Weil vier von zehn Deutschen ungebrochen gerne Wintersport machen, ist dem VDS-Chef auch perspektivisch nicht bange.

Eine andere Frage ist, ob der Klimawandel das in den nächsten Jahren auch noch zulässt. Trotz jüngster Schneefälle melden zum Beispiel Wintersportorte von Reit im Winkl in Bayern bis Andermatt in der Schweiz so wenig Schnee wie in den letzten 30 Jahren nicht. Dazu kommt die Energiekrise, die unter anderem das Beschneien von Pisten spürbar verteuert und ökologisch noch fragwürdiger macht. Die Nachbeleuchtung von Pisten wurde aus Kostengründen eingeschränkt, die Sitze von Sesselliften wurden nicht mehr beheizt und nicht nur Skipässe teurer gemacht.

Die Geschichte von Völkl

Völkl wurde als Kutschenhersteller 1884 im niederbayerischen Straubing gegründet. 1923 ist das Familienunternehmen dann unter dem damaligen Chef Franz Völkl und dem Markennamen Vöstra in die Skifertigung eingestiegen. In Völkl umgetauft wurde die Marke 1967. 1992 hat sich die Familie erst mehrheitlich und später ganz aus dem damals angeschlagenen Traditionsunternehmen verabschiedet, das 2017 beim US-Finanzinvestor Kohlberg gelandet ist. Die Fertigung im Werk Straubing wurde zu keiner Zeit angetastet. Heute sind die Bayern Teil einer Sportartikelgruppe, zu der auch die Skischwestermarke K2 aus den USA, der bayerische Bindungshersteller Marker oder der italienische Skischuhproduzent Dalbello zählen. Diese lange als K2-MDV Holdings firmierende Gruppe wurde vor Jahresfrist in Elevate Outdoor Collective mit Sitz in den USA umbenannt. Sie sieht sich als größte Bündelung von Wintersportmarken weltweit.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

„Der Preis für Skier hat sich im Vergleich zur Vorsaison um 10 bis 15 Prozent erhöht“, sagt Wiant. Er baut aber auf Passion und Leidenschaft für den Skisport, die dämpfende Effekte von Preissteigerungen überdecken helfen. „Skifahren war für Familien schon immer ein kostspieliger Sport“, assistiert Handelschef Herzog und glaubt ebenfalls an eine Zukunft für dieses Sportsegment. Völkl baue weiterhin Skier, und zwar in Straubing, versichert Wiant.

„Die Energiekrise und damit verbundene Preise treffen uns“, räumt er ein. Aber Schadstoff- und damit Energieeffizienz habe sich Völkl im Straubinger Stammwerk schon seit 2014 verordnet. Das helfe jetzt. Auch würden die 400 Beschäftigten, die heute dort arbeiten, ohne Abstriche weiterbeschäftigt. „Skiproduktion ist immer noch ein großer Teil Handarbeit“, betont der Manager. Dieses Fachwissen sei in Straubing vorhanden. „Wir sind überzeugt, dass wir mit diesem Standort ein Maßstab für die Skiindustrie bleiben werden“, sagt er und liefert damit für „made in Germany“ eine Bestandsgarantie auch in unsicheren Zeiten.

Mehr aus Wirtschaft

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken