Förderung ausgelaufen

Warum das Baukindergeld für viele Familien zur Hängepartie wird

Beim Baukindergeld gibt es über zehn Jahre insgesamt 12.000 Euro pro Kind.

Beim Baukindergeld gab es maximal zehn Jahre lang 12.000 Euro pro Kind (Symbolbild). Ab Juni gibt es ein neues Programm für Familien zur Förderung von Eigentumsbildung.

Familie Breme hatte eigentlich alles richtig gemacht. Schon im November 2020 lag die Baugenehmigung für ihr Haus im Sauerland vor. „Wir haben damit gerechnet, dass Ende 2021 alles soweit fertig ist, dass wir einziehen können“, sagt Frank Breme, der anonym bleiben möchte, dessen echter Name aber der Redaktion bekannt ist. Klar, mit ein paar Kabeln, die noch verlegt, oder ein paar Wänden, die noch gestrichen werden müssten, hatte er zwar gerechnet. Aber einziehen hätten Breme, seine Frau und die drei Kinder auf jeden Fall können.

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So zumindest war der Plan.

Ein Jahr später ist das Haus immer noch nicht fertig, und die Familie muss sich in Geduld üben. „Wir hatten sehr viel Verzögerung“, sagt Frank Breme am Telefon. Knappe Materialien, unterbrochene Lieferketten, fehlende Handwerkerinnen und Handwerker: „Das alles hat dazu geführt, dass wir mehr als ein Jahr verloren haben“, berichtet der Bauherr.

Baukindergeld startete 2018

Gerade komme er von der Baustelle, erzählt er. Um das Eigenheim endlich Realität werden zu lassen, packt er selbst an, wo es nur geht. Ein paar Monate noch, dann sei das Haus fertig. Doch selbst, wenn alles nun ruckelfrei funktioniert, ist die Vorfreude getrübt.

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Das Baukindergeld, auf das die Bremes gehofft hatten, wird es für sie nicht mehr geben. 2018 von der großen Koalition eingeführt, sollten damit Familien dabei unterstützt werden, ein eigenes Haus zu bauen oder zu kaufen. 1200 Euro pro Kind und pro Jahr über maximal zehn Jahre versprach das 9,9 Milliarden schwere Förderprogramm, das über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) abgewickelt wurde.

Baugenehmigung musste bis Ende März 2021 eingereicht sein

Für die Bremes wären das 36.000 Euro gewesen. Das Geld hatten sie eingeplant, doch bekommen werden sie es nun nicht mehr. Das Baukindergeld war nur für einen bestimmten Zeitraum angelegt und der Fördertopf begrenzt. Nur wer bis Ende März 2021 die Baugenehmigung erhalten oder den Kaufvertrag unterschrieben hatte, war berechtigt. Auf die Bremes trifft das zu. Eine weitere Bedingung war jedoch, dass der Antrag erst nach Einzug gestellt werden durfte, weshalb die Bremes die Unterlagen noch nicht eingereicht haben. Ursprünglich hätten sie dazu noch bis Ende 2023 Zeit gehabt.

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Das böse Erwachen kam im vergangenen November. Da kündigte das Bauministerium plötzlich an, dass das Förderprogramm bereits Ende 2022 auslaufen werde. „Die Nachfrage nach dem Baukindergeld war gerade im Jahr 2021 sehr hoch“, sagt ein Ministeriumssprecher. Die Fördermittel seien erschöpft, meldet die KfW.

Bauministerium bekommt Anfragen dazu

Für die Bremes begann ein Wettlauf gegen die Zeit, den sie nur verlieren konnten. Das Haus war noch ein Rohbau, um aber an das Geld zu kommen, hätten sie einziehen müssen. „Ich habe sogar kurz überlegt, einen Heizlüfter in die Ecke zu stellen und einzuziehen“, sagt der 39-jährige Familienvater. Mit drei Kindern im Dezember. Am Ende mussten die Bremes einsehen, dass es keinen Zweck hat. Die 36.000 Euro sind damit für sie futsch.

Die Familie ist nicht allein. „Uns erreichen dazu Schreiben und Anrufe von Bürgerinnen und Bürgern, und jeden Einzelfall bedauern wir sehr“, sagt das Bauministerium auf RND-Anfrage. Allerdings habe nie ein Rechtsanspruch auf die Förderung bestanden. Auf das Auslaufen des Baukindergeldes sei frühzeitig hingewiesen worden.

Luczak: Für viele Familien fester Bestandteil der Finanzierung

In der Opposition trifft der Vorgang dennoch auf Kritik. „Viele Familien haben darauf vertraut, dass sie das Baukindergeld erhalten, es war ein fester Bestandteil ihrer Finanzierung“, sagt Jan-Marco Luczak, baupolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion. „Durch das vorzeitige Programmende und durch das Streichen der Fördermittel in 2023 droht für viele Familien der Traum vom Eigenheim zu platzen.“ Luczak war von Breme kontaktiert worden, der ihm von seinem Problem berichtete. Kein Einzelfall, meint der Oppositionspolitiker: Bis zu 20.000 Familien würden nun leer ausgehen, obwohl sie das Baukindergeld fest eingeplant hätten.

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ARCHIV - 25.03.2020, Hamburg: Die Kräne verschiedener Baustellen in der Hafencity zeichnen sich im Sonnenuntergang ab. Wie sich die Finanzen von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung im ersten Halbjahr 2022 entwickelt haben, gibt das Statistische Bundesamt am Donnerstag bekannt. (zu dpa «Statistiker geben Daten zu Staatshaushalt und Konjunktur bekannt») Foto: Christian Charisius/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Das Ende des Baubooms: Wo sollen nur 400.000 neue Wohnungen herkommen?

Der Bau rutscht in die Krise: Inflation, fehlende Baustoffe und Zinswende machen der Branche zu schaffen. Immer mehr Fachleute warnen vor einem Absturz. Schon in ihrem ersten Amtsjahr steckt die neue Bauministerin Klara Geywitz in ihrer größten Bewährungsprobe.

Dem Ministerium liegen dazu keine Zahlen vor, heißt es auf RND-Anfrage. Zu berücksichtigen sei jedoch, dass die Antragsstellung nur möglich war, wenn Kaufvertrag oder Baugenehmigung bis 31. März 2021 über den Tisch gingen. „Ein Großteil der grundsätzlich antragsberechtigten Haushalte wird daher bereits einen Antrag gestellt haben“, heißt es.

Neues Förderprogramm der Bundesregierung

Das von Klara Geywitz (SPD) geführte Haus hat inzwischen ein neues Förderprogramm auf den Weg gebracht. 350 Millionen Euro stehen jährlich zur Verfügung, um Familien beim Neubau ihres Wohneigentums zu unterstützen. Gefördert werden Familien mit einem jährlichen Haushaltseinkommen von bis zu 60.000 Euro bei einem Kind, für jedes weitere Kind verschiebt sich die Grenze um 10.000 Euro nach oben. Die Förderung läuft über verbilligte Kredite.

Bundesbauministerin Klara Geywitz bei einem Pressestatement zur Wohnungsbaupolitik. 2023 soll es neue Förderungen für Neubauten geben.

Bundesbauministerin Klara Geywitz bei einem Pressestatement zur Wohnungsbaupolitik. 2023 soll es neue Förderungen für Neubauten geben.

Viel zu wenig, findet CDU-Politiker Luczak. Die Eckpunkte für die neue Förderung seien eine „große Enttäuschung“, verdienten ihren Namen nicht und seien erst recht keine Nachfolge für das Baukindergeld. „350 Millionen Euro sind kein ausreichender Beitrag, um angesichts gestiegener Zinsen und Baukosten Familien den Weg in die eigenen vier Wände zu ermöglichen“, kritisiert er.

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Für manche Familien kommt die neue Förderung zu spät

Nur wer die allerhöchsten energetischen Standards erfülle, werde gefördert. „So was zu bauen, ist richtig teuer“, so Luczak. „Gleichzeitig dürfen Familien aber nur 60.000 Euro Haushaltseinkommen haben, das passt nicht zusammen“. Er bemängelt, dass der Kauf von Bestandsimmobilien gar nicht mehr gefördert werde. Laut Luczak muss Eigentumsbildung stärker unterstützt werden.

Für die Bremes kommt Geywitz’ neue Förderung ohnehin zu spät. Bis das neue Programm im Juni startet, wird ihr Haus schon stehen. Außerdem kann nur gefördert werden, wenn der Antrag vor Vorhabenbeginn gestellt wird. Frank Breme hätte sich gewünscht, dass die Regierung mehr auf die Situation der betroffenen Familien eingegangen wäre. „Es gibt ja niemanden, der das aus Spaß verzögert hat“, sagt er. „Uns wird es nicht das Genick brechen“, sagt er über die 36.000 Euro, die geholfen hätten – und nun fehlen. Aber sicherlich gebe es Familien, womöglich mit noch mehr Kindern, die nun größere Schwierigkeiten hätten.

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